20. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Die Ordnungen Gottes
Wochenspruch: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ Micha 6,8




Predigt
zum Text
Freitag: 2. Korinther 3,2-9

Die Überzeugungskraft des Evangeliums ist eine Mitteilung des Herzens. Was ins Herz geschrieben ist, kann von jedem verstanden werden, der es liest, weil es in der Sprache des Herzens geschrieben ist. Darin sieht Paulus den Unterschied zwischen der Religion des alten und dem Evangelium des neuen Bundes. Wie alle Hochreligion manifestierte sich Erstere in schriftlich fixierten Dogmen und Normen. Darin bestand das Problem des alten Bundes aber nicht, sondern in der starken Tendenz zur Verabsolutierung des buchstäblich Fixierten. Der Buchstabe tötet nicht generell, sondern nur, wenn er dem Herzen Gewalt antut. Dann ersetzt das Dogma den Geist.

Die Sprache der Buchstäblichkeit geht mit dem um, was sie „Fakten“ nennt: „Schwarz auf weiß“ muss es geschrieben sein. Darum befasst sie sich besonders gern mit Leistungsnachweisen. Darauf nimmt Paulus hier Bezug. Ihm fehle es an Empfehlungsschreiben, wurde ihm vorgehalten, an Referenzen also. Aber die Sprache des Herzens ist keine Leistung, sondern ein Geschenk. Man kann sie nicht wie eine Fremdsprache lernen, um sie dann als erfolgversprechende Technik einzusetzen. Der Dialog des Herzens ist nicht machbar. Er kann nur empfangen werden.

Der alte Bund hatte Herrlichkeit, weil der lebendige Gott ihn gestiftet hatte. Er war und ist bis heute Abglanz, Widerspiegelung der Offenbarung des einen, wahren Gottes, aber als solche ist er nicht die Offenbarung selbst. Der Buchstabe des religiösen Dogmas tötet, wenn er mit einer Offenbarung Gottes gleichgesetzt wird. Er zeugt von der Offenbarung, darum ist er herrlich, aber er ist nicht die Offenbarung. Auch die Sprache des Herzens ist nicht Offenbarung Gottes, auch sie zeugt nur davon, aber sie zeugt ungleich klarer davon, ungleich überzeugender.



E-Mail: info@isa-institut.de       Datum der letzten Änderung: 18.10.2018