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19. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Ganzheitlich heil werden
Wochenspruch: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil;
hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Jeremia 17,14 |
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Dienstag:
Markus 1,32-39
Böse Geister ergreifen Gewalt von Menschen, wenn diese innerlich gespalten sind. Böse sind
Vorgänge in der Seele, die sie zerstören. Sie gehen nicht aus dem Selbst des Betroffenen
hervor, sondern sie sind ihm fremd. Besessenheiten sind Fremdbestimmungen. Böse ist das
Fremdbestimmende dort, wo Selbstbestimmung geschehen sollte. Böse ist das Versklavende.
Die Spaltung vollendet sich darin, dass die Fremdbestimmung der Selbstbestimmung
keinen
Raum gewährt. Ihr Machtmittel ist die Angst. Das Böse braucht notwendig die Angst,
um herrschen zu können.
Sowohl der Spiritismus als auch das Exorzistentum agieren in einem magischen
Kraftfeld der Angst. Überhaupt ist die Substanz der Magie nichts als Angst.
Angst verzaubert - sie nimmt in den Bann. Teufelsangst erzeugt Teufelsfantasien
und teufelsartige Verhaltensweisen. Sowohl die spiritistische als auch die
exorzistische Grundhaltung beschwört solche Vorstellungen und Handlungen herauf.
Nicht von ungefähr nennt man Magier „Geisterbeschwörer“. Exorzisten beschwören
ebenfalls Geister: Sie sind Magier von der anderen Seite.
Jesus beschwört keine Geister. Er tritt nicht ein in den spiritistischen Dialog.
Er lässt es nicht zu, dass sie sich in Szene setzen. Er unterbindet bereits im Ansatz
die magische Show. „Denn sie kannten ihn“: Das ist der Grund für seinen Umgang mit
solchen Phänomenen. Die Geister des Wahnsinns, des Getriebenseins, der rasenden
Verzweiflung kennen Jesus. Das bedeutet: Sie befinden sich in einem Verhältnis
zu ihm, dem Arzt schlechthin, das auf Befreiung ausgerichtet ist. Es sind
Kräfte im Inneren des leidenden Menschen, die ihm dienen sollen und die
es doch nicht können. Wie das Fieber in dem vorausgehenden Text zerstören
sie das Leben, obwohl ihr eigentlicher Sinn darin besteht, es zu erhalten.
So wird etwa ursprünglich hilfreiche Wut zu vergiftendem Groll und Hass
und schützendes Nichteingehen auf Traumatisches zur Psychose.
Die bösen Geister kennen Jesus genauso wie das Fieber ihn kennt. „Kennen“ kann
hier nur heißen: Auf ihn bezogen nach ihm verlangen. Heilung kann nur eintreten,
wenn das Kranke im Inneren des Leidenden mit dem Heilenden, das von außen kommt,
korrespondiert, darauf eingeht, antwortet, gehorcht. Das Fieber gehorcht, die
Geister gehorchen. Sie finden in die Lebensdienlichkeit zurück. Sie ordnen sich
wieder ein in den natürlichen Zusammenhang. Sie tun wieder gut.
Der Mensch Jesus kann nur Arzt in diesem Sinn sein, wenn er bei sich bleibt.
Darum braucht er den kontemplativen Abstand. Um zu geben muss er nehmen. Wenn
er heilend zu dem Kranken in Beziehung tritt, muss er aus der Quelle der Gesundheit
trinken. Heil macht nur, was selber heil ist. Alle andere Heil- und Zauberkunst
bleibt an der Oberfläche.
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