18. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Das höchste Gebot
Wochenspruch: „„Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.“ 1. Johannes 5,4




Predigt
zum Text
Donnerstag: Exodus 20,1-17

Human wird die Ethik, wenn sie sich unter zwei Rahmenbedingungen entfaltet: Erstens verlangt sie nach einer Vorstellung von Gott, die seine Souveränität nicht antastet, zweitens nach einer Lebensweise in der Ordnung des Natürlichen. Das Miteinander misslingt, wenn Menschen sich ein Bild von Gott machen. Das bedeutet nicht, keine Vorstellung von Gott zu haben - wir können gar nicht ohne Vorstellung an Gott denken. Gottesvorstellungen sind Mythen und Symbole. Beiden ist eigen, dass sie auf ein wahres Wesen hinweisen, dass sie es aber nicht unmittelbar repräsentieren. Insofern ist die ganze Bibel, ganz unabhängig von der Historizitätsfrage, ein Buch der Mythen und Symbole. Jeder Text der Bibel kann nur erschlossen werden von dem, der „Ohren hat zu hören“. Die biblische Wahrheit lässt sich immer nur annähern, nie aber besitzen. Dieses Besitzen göttlicher Wahrheit bedeutet, sich ein Bild von ihm zu machen - ein fertiges Bild. Fertige Gottesbilder sind gefertigte Gottesbilder: Götzen. Sich von dem einen, wahren Gott, ein fertiges Bild zu machen, ist Missbrauch seines Namens. Das erste und zweite Gebot sind eins.

Daran, ob wir uns ein fertiges Bild von Gott machen oder nicht, hängt die Ethik, denn die Vorstellung vom Göttlichen bestimmt die Vorstellung von der Menschlichkeit. Der gefertigte Gott ist der instrumentalisierte Gott. Er dient als Machtinstrument. Die Ehrfurcht vor dem Leben und die Demut der Selbstbeschränkung auf die Grenzen unseres Wissens und Könnens innerhalb der Naturordnung geht verloren. Wir überschätzen uns selbst, wir halten uns selbst für göttlich. Das geschieht gleichermaßen religiös, indem wir uns Bilder Gottes fertigen, wie anti-religiös, indem wir behaupten, mit Gott fertig zu sein. Beides ist dieselbe Anmaßung, Gott im Griff zu haben.

Das Bindeglied zwischen der Gottesfurcht, die in den beiden ersten Geboten zum Ausdruck gebracht wird, und den ethischen Prinzipien des Miteinanders bildet das Sabbatgebot. Paraphrasiert sagt es: „Mensch, richte dein Leben in den Vorgegebenheiten der Schöpfungsordnung ein.“ Spüre darum dem nach, was natürlich ist. Das Natürliche tut gut und das, was wirklich gut tut, ist natürlich. Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht, nicht umgekehrt. Die Umkehrung ist Instrumentalisierung der Schöpfungstheologie als Mittel zur Macht.

Wer die Selbstoffenbarungen Gottes - das ist sein „Name“ - missbraucht, um daraus ein fertiges Gottesbild zur Ausübung von Macht zu formen, bekommt es mit Gottes Hass zu tun. Wer den Weg der Gottesfurcht beschreitet, ist auf der Spur des Segens. Diese beiden unüberbrückbaren Linien bilden die gesamte Geschichte der Ethik.



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