16. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Was ewig bleibt
Wochenspruch: „Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium.“ 2. Timotheus 1,10



Dienstag: Klagelieder 3,20-32

Der erste Teil dieses Kapitels ist bitterste Klage. Nun hört der Klagende aber eine Stimme in sich selbst: Seine Seele spricht. „Der Herr ist mein Teil“ heißt nicht, dass er ein Teil von mir ist, sondern dass ich mich in einer unteilbaren Beziehung zu ihm befinde, teilhabend an ihm. Anders gesagt: Wesentlicher Bestandteil meiner Individualität (auf Deutsch heißt das „Unteilbarkeit“) ist meine Teilhabe an Gott, mein konstitutives Beziehungsverhältnis zu ihm, oder einfacher gesagt: meine Gemeinschaft mit ihm. Sie ist zuerst eine Gemeinschaft des Seins und dann erst des Wollens.

„Darum will ich auf ihn hoffen“, spricht die Seele, das Innerste des Klagenden. Einziger Erfahrungsanhalt als Ermutigung dazu ist die Tatsache, trotz allem bis zu diesem Augenblick überlebt zu haben: „Wir sind noch (immer) nicht gar aus“. Die Konsequenz daraus ist immerhin logisch: Das Verstoßensein und Betrübtwerden, ebenfalls Tatsache, und zwar in hohem Maß, wie der erste Teil des Kapitels sehr deutlich zum Ausdruck bringt, lässt der Dankbarkeit im Hier und Jetzt ihren kleinen, bescheidenen Spielraum. Die Überlebensmöglichkeit des heutigen Tages ist es wert, als Zeichen der bleibenden Güte Gottes gedeutet zu werden. Gott lässt es zu, dass der Glaube extrem enttäuscht und der Glaubende extrem gedemütigt wird. Aber der Strahl, der mir heute Licht gibt, wie schwach er auch sei, trifft auf das Innerste meiner Seele und weckt dort, allem Bedrückenden zum Trotz, immer neue Hoffnung, dass die Rede von der Barmherzigkeit Gottes doch keine Lüge ist.



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