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Freitag:
Römer 6,19-23
„Der Sünde Sold ist der Tod“. Damit charakterisiert Paulus ihr Wesen: Sünde ist das, was
in den Tod führt. Nicht in den natürlichen Tod als Teil des Lebens, auf den wir uns durch
die Kunst des Sterbens vorbereiten, sondern in den unnatürlichen Tod, den Tod gegen die
Natur: die Verneinung des Lebens mit ihren Folgen. Es gibt keine wahrhaftige Alternative
zur ungeteilten Lebensbejahung; alles, was sich scheinbar als solche anbietet, ist Lüge.
Wahrheit ist das Ja zum Leben, Lüge ist das Nein zum Leben. Wahrhaftigkeit nimmt das
Gegebene als Aufgabe, Lüge lehnt es ab. Lüge ist solche Ablehnung, weil sie durch ein
Scheinbild vom Leben entsteht, an dem der Ablehnende festhält. Das Scheinbild ist
ein Trugbild, weil es der Lebenswirklichkeit nicht entspricht. Es ist eine
unrealistische Forderung an das Leben: Es müsste, sollte anders sein, es
darf nicht so sein, wie es ist. Als Sünde hat also das negativistische Festhalten
an idealisierten Trugbildern vom Leben zu gelten. Wer darunter versklavt ist,
lebt am Leben vorbei.
Die Gerechtigkeit, von der Paulus hier spricht, bedeutet somit, dem Leben gerecht
zu werden, wie es ist. Wir nehmen es an. Und wenn wir dem Leben gerecht werden,
dann auch unseren Mitmenschen und uns selbst: Wir nehmen uns an, wir nehmen
einander an.
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