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6. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Das Sakrament der Taufe
Wochenspruch: „So spricht der Herr, der dich geschaffen hat:
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen;
du bist mein.“ Jesaja 43,1 |
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Freitag:
1. Petrus 2,1-10
Das ist der Unterschied zwischen „gläubig“ und „ungläubig“: „Geschmeckt“ zu haben, „dass der
Herr freundlich ist“. Der Vergleich mit dem Neugeborenen ist ein starkes Bild dafür. Wir
nennen das Baby „Säugling“ und bringen damit zum Ausdruck, dass dieses Einsaugen der
Muttermilch geradezu sein Wesen beschreibt. Entsprechend nennen wir andere komplexe
Lebewesen, die nach demselben Muster konzipiert sind, auch „Säugetiere“, weil das
Saugen und Gesäugtwerden so kennzeichnend für sie ist. Wir sind Säugewesen.
Man sollte Sigmund Freuds Sichtweise, dass sich in der „oralen Phase“ des Säuglings
ganz wesentliche seelische Grundmuster ausbilden, nicht von der Hand weisen. Dieses
Bedürfnis übt auch erheblichen Einfluss auf uns aus, wenn wir herangewachsen sind.
Wahrscheinlich liegt tatsächlich eine Wurzel mancher kompensatorischer
Verhaltensweisen des Menschen im unerfüllten oralen Bedürfnis der Säuglingszeit.
Nicht das Saugen selbst ist das Bedürfnis, sondern es ist Mittel zum Zweck der
Erfüllung. Das Bedürfnis ist Geborgenheit. David dichtet: „Fürwahr, meine Seele
ist still und ruhig geworden wie ein kleines Kind bei seiner Mutter; wie ein
kleines Kind, so ist meine Seele in mir“ (Ps 131,2). Um dieses völlig geborgene,
gänzlich selbstvergessene Still- und Ruhigsein geht es im heutigen Text.
Die Begriffe, die bezeichnen, was der Mensch bei diesem Vorgang erfährt, sind
„Freude“ und „Friede“. Der komplementäre Begriff, den Petrus hier der anderen,
mütterlichen Seite zuschreibt, ist „Freundlichkeit“. Das Einsaugen dieser
„vernünftigen lauteren Milch“ ist das Einsaugen reiner Freundlichkeit. Da hat
nichts anderes Platz.
Glauben heißt: Auf den Geschmack gekommen zu sein und darum unentwegt nach dieser
Milch zu suchen. Dies ist „das Eine, das not tut“. Gesättigt damit sind wir
lebenstüchtig: Wir finden unseren verantwortlichen Platz im Leben und füllen
ihn still, ruhig, froh und friedlich aus. Man kann dazu auch „konstruktiv“
sagen. „Construere“ ist lateinisch und heißt „erbauen“. Das ist erbaulich.
So bauen wir uns mit anderen zusammen zu einer humanen, tragfähigen
menschlichen Gemeinschaft, deren A und O dieses eine Kind ist, das uns
geboren wurde, auf dem das ganze wahre Menschsein ruht, der Friedefürst
(Jes 9,5).
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