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6. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Das Sakrament der Taufe
Wochenspruch: „So spricht der Herr, der dich geschaffen hat:
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen;
du bist mein.“ Jesaja 43,1 |
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Donnerstag:
Jesaja 43,1-7
Es gibt Zeiten in der Geschichte Israels, die von dieser Furchtlosigkeit geprägt waren. Es
waren Zeiten wehrhafter Friedfertigkeit. In solchen Zeiten war Israel zwar keine Großmacht,
aber mächtig und stark genug, um sich selbstbewusst und effektiv zu verteidigen, ohne
danach zu streben, seine Macht auf Kosten anderer zu erweitern oder dem Prinzip des
Rächens zu verfallen, Böses mit Bösem vergeltend. Es waren Friedenszeiten als Auswirkung
aktiver Friedenspolitik. Die Religion fand in diesen Zeiten ihre Aufgabe darin, das
Vertrauen in das Bild von Gott zu gründen und zu stärken, das in diesem Text so stark
zum Ausdruck kommt.
„Fürchte dich nicht!“ ist kein sentimentales Übertünchen schrecklicher Ereignisse,
sondern es hat geradezu den Charakter eines Befehls: „Siehe, ich habe dir geboten,
dass du getrost und unverzagt seist. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht!“
- angesichts des tatsächlich Grauenhaften und Entsetzlichen. „Denn der Herr,
dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst“ (Jos 1,9). Es geht um den
tapferen Entschluss, dem Geist der Sorge unbedingt zu widerstehen und daran
festzuhalten, dass sich unter allen Umständen ein guter Weg der Bewältigung
finden wird, der wirklich Sinn hat und weiterführt.
Gott sagt Israel zu, das außenpolitische Gleichgewicht bereits so vorgestaltet
zu haben, dass Israel sich auch im Blick auf die Machtverhältnisse in Bezug
zu seinen großen Nachbarn nicht zu fürchten braucht. Er sagt ihm außerdem zu,
dass er es aus der Diaspora zusammenführen und einen wird. Das sind die
Voraussetzungen, um in jener wehrhaften Friedfertigkeit leben zu können.
Der Anisemitismus konnte ja sein mörderisches Potenzial nur dadurch entfalten,
dass die Juden ihre staatliche Souveränität verloren hatten und als immer
irgendwie Fremde in der Diaspora auf den Schutz der Staaten angewiesen waren,
in denen sie lebten.
Unter dem Gesichtspunkt wehrhafter Friedfertigkeit will der Text auch vom Einzelnen
gelesen und verstanden werden. Sonst ist er nicht viel mehr als sentimentaler Zierrat,
der mit dem wirklichen Leben wenig zu tun hat.
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