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3. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Gott nimmt uns an
Wochenspruch: „Der Menschensohn ist gekommen,
zu suchen und selig zu machen,
was verloren ist.“ Lukas 19,10 |
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Mittwoch:
1. Johannes 1,5-2,6
Gott ist die Liebe und als Liebe ist das Wesen Gottes trinitarisch. Gott ist nicht erst zur
Liebe geworden. Gott entfremdet sich auch nie der Liebe, um dann wieder in die Liebe
zurückzukehren. Und erst recht liegt es nicht an uns, ihn zur Liebe zu bewegen.
Darum ist die Aussage, dass Jesus Christus „die Versöhnung für unserer Sünden“ ist,
eine zu allen Zeiten, unter allen Umständen und alle Menschen gleichermaßen betreffende
Feststellung. Gott hat sich nicht erst durch den Tod Jesu am Kreuz mit uns versöhnt.
Es gibt keine Zeit vor der Versöhnung. Gott ist seinem Wesen nach versöhnlich.
Weil Gott versöhnlich ist, muss die Vergebung der Sünden nicht erst hergestellt
werden. Sie ist zu jeder Zeit für jeden Fall vollkommen hinreichend vorhanden.
Wir sind als Menschheit gerechtfertigt vor Gott, jeder ist da eingeschlossen.
Paulus schreibt in Rö 5,18f: „Wie nun durch die Sünde des Einen die Verdammnis
über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen
für alle Menschen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt. Denn wie
durch den Ungehorsam des einen Menschen die Vielen zu Sündern geworden sind,
so werden auch durch den Gehorsam des Einen die Vielen zu Gerechten.“
Geoffenbart ist uns das geschichtlich und darum in einem zeitlichen
Nacheinander, aber gesetzt ist es in unserem Wesen und unserer geschöpflichen
Gottesbeziehung. Wir werden als Menschen nicht erst Sünder, sondern wir sind
es dem Wesen nach. Aus dieser Seinsbestimmung des Menschen entstand die
Erbsündenlehre: Sie machte aus dem immer schon vorgegebenen menschlichen
Wesen einen immer neuen Sündenfall und lokalisierte ihn in der Sexualität.
Daraus entstand auch die Vorstellung, jede Sünde beichten zu müssen, um
wieder von ihr gereinigt zu werden. In dieser Weise wird auch dieser Text
meistens verstanden.
Johannes sagt aber nicht, dass unser größtes Problem darin besteht, dass wir
Sünder sind, vielmehr sind wir als Sünder immer zugleich auch schon Geliebte,
Versöhnte, Gerechtfertigte. Johannes sagt, dass unser größtes und wirklich
gefährliches Problem die Lüge ist: Wir verwechseln Licht und Finsternis.
Johannes ist aber offenbar der Ansicht, dass dies keineswegs vorherbestimmt
ist. Dafür sind wir nicht nur selbst verantwortlich, sondern wir können das
auch ändern. Das ist der klare Appell dieses Textes an jeden, der ihn liest.
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