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Sonntag:
Johannes 15,26-16,4 (Evangelium)
Jesus sieht sehr schwere Zeiten auf seine Jünger zukommen. Man wird sie völlig verkennen und
sie für die hassenswertesten Menschen halten, man wird ihnen die Daseinsberechtigung absprechen.
Verkennung und Anfeindung werden so stark sein, dass sie ernsthaft versucht sein werden,
ihren christlichen Glauben gänzlich aufzugeben.
Jesus spricht ihnen eine dreifache Sicherung zu, die sie davor bewahren wird,
in die Verzweiflung zu stürzen:
(1) Der Heilige Geist wird kommen und sie trösten. Er wird ihnen Wahrhaftigkeit
verleihen. Trost ist Ermutigung. Der Heilige Geist ermutigt auf wahrhaftige Weise. Indem
er das tut, bezeugt er Jesus. Das heißt, dass er selbst, Jesus, sich als den wahrhaftigen
Ermutiger definiert. Der Heilige Geist setzt sein Werk in den Jüngern fort und vergegenwärtigt
Jesus in ihrem Leben dadurch. Mit anderen Worten: Dieselbe Motivationskraft, die von Jesus
ausgeht und die Jünger in Bewegung gesetzt hat, sich ihm anzuschließen und seine Mission
als ihre eigene zu verstehen, wird sie auch erfüllen, wenn er nicht mehr leiblich bei
ihnen ist. Der Heilige Geist ist der Geist der Jesusbewegung, ihre spirituelle Energie.
Die Wirkung dieses Geistes ist nicht abhängig von der leiblichen Gegenwart des Gründers
der Bewegung. Er selbst ist von diesem Geist bewegt und getrieben, und genauso wird dieser
Geist auch seine Nachfolger weiterhin motivieren. Es ist der Geist des Vaters, und das
bedeutet nichts anderes als: Der Geist wahrhaftiger Liebe. Wo immer der Geist wahrhaftiger
Liebe weht, da erinnert das an Jesus, und da kommt das Reich Gottes.
(2) Sie selbst werden sich an das erinnern, was sie erlebt haben. Sie selbst sind
Zeugen des Evangeliums. Der Geist ersetzt nicht die eigene Besinnung auf die höchsten
Werte, für die zu sterben sich ebenso lohnt wie für sie zu leben. Gottes Geist ersetzt
nicht unsern Geist. Er gibt zusammen mit unserem Geist Zeugnis, sagt Paulus. Wenn wir
von Gottes Geist, dem Geist der Liebe, bewegt sind, dann bildet er mit unserem zusammen
eine harmonische Mehrstimmigkeit. Das ist weder ein erzwungener Gleichklang noch eine
ekstatisch willenlose Ergriffenheit. Es ist dialogisch. Es ist ein freies, ästhetisches,
musikalisches Zusammenstimmen. Unser Denken und Empfinden ist auf die Stimme des Heiligen
Geistes bezogen. Unser Zwiegespräch mit ihm vollzieht sich im Wechselspiel zwischen
Cantus firmus und Kontrapunkt. Mal dominiert seine Melodie und wir stellen uns auf
sie ein wie der Bass auf die Solostimme, mal ist es umgekehrt. Diese Musik ist ein
liebevoller Tanz der Töne, da gibt es kein rigides Führen und Unterordnen. Dieses
Zwiegespräch ist das Wesen des Gebets.
(3) Die Worte, die er jetzt zu ihnen spricht, werden ihnen im Gedächtnis bleiben
und sie stärken. Das Wechselspiel unserer Stimmen mit der des Heiligen Geistes besteht
nicht nur aus angenehmen Tönen, sondern es ist Sprache. Als Sprache hat es Sinn. Wir
selbst und der Heilige Geist erinnern uns an das, was Jesus geredet hat. Wir werden
bestehen, wenn seine Worte in uns bleiben, sagt Jesus kurz zuvor.
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