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Montag:
Epheser 3,14-21
Das Knien gilt seit jeher als das angemessenste Zeichen für die innere Haltung des Beters.
Es drückt Demütigung aus. Durch das Knien macht man sich selbst klein, um die Größe eines
Gegenüberstehenden noch größer zu machen. Knien ist Unterwerfung unter die beanspruchte
Macht des Größeren und darin Ausdruck der eigenen Kapitulation. Der Kampf ist vorbei;
nun liefere ich mich dem Stärkeren völlig aus, halte ihm den Nacken hin, damit er mich
hinrichte, wenn es ihm beliebt, oder wenn er mir gnädig sein möchte, wieder aufrichte.
In dieser Weise ist das Knien als Ausdruck der Gebetshaltung sehr zweifelhaft. Das
Gegenstück dazu ist der viel mehr in den Texten der Bibel zu findende klagende Beter,
in besonderer Weise symbolisiert durch Jakobs Kampf mit Gott am Jabbok: Der hält stand.
Er lässt sich nicht klein machen von der unheimlichen göttlichen Übermacht, die ihm da
begegnet. Sie muss die Unheimlichkeit ihres gewaltsamen Niederringens aufgeben. Gott
muss halten, was er verspricht, er kann sich keine Willkür erlauben. Darum kniet sich
Jakob eben gerade nicht ergeben hin, sondern wehrt sich bis zum Letzten gegen den
übermächtigen Druck: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Wir sollten nicht
übersehen, dass Jakob dafür den Namen „Israel“ bekommt, was „Gotteskämpfer“ heißt.
Im Gotteskampf liegt Israels geistliche Identität, und das heißt: in der Klage!
Hiob ist Israel.
Wir müssen also dem Knien einen anderen Sinn geben als den der kapitulierenden
Unterwürfigkeit, zumal es in diesem Text ganz und gar auf die Unermesslichkeit
der Liebe Gottes ausgerichtet ist, mit Worten, die nichts von einer Gnade
vermitteln, die einen zur Hinrichtung Verurteilten gerade noch mal davonkommen
lässt und die jederzeit, wenn er sich jetzt nicht ganz anständig benimmt,
auch wieder in Zorn umschlagen kann. Wir dürfen es als anbetendes Knien
verstehen. In diesem Sinne sprechen wir auch davon, dass wir uns in etwas
„hinein knien“. Es ist das kontemplative Knien der Selbstvergessenheit. Es
ist das Knien der Hirten vor der Krippe, nicht das Ducken vor der Übermacht.
Es ist das Knien, das dem Geheimnis des Göttlichen im unscheinbaren Kleinen
so nahe kommt wie möglich, staunendes, nachdenkendes, forschend betrachtendes,
erwartungsvolles Knien. Wer so kniet, dem öffnet sich der Horizont der Liebe
Gottes.
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