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Miserikordias Domini
Leitmotiv: Der Gute Hirte
Wochenspruch: „Ich bin der gute Hirte.
Meine Schafe hören meine Stimme,
und ich kenne sie, und sie folgen mir;
und ich gebe ihnen das ewige Leben.“ Johannes 10,11.27-28 |
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Sonntag:
Johannes 10,11-16.27-30 (Evangelium)
Die „Schafherde“, von der Jesus hier redet, bestand zunächst aus der ziemlich kleinen Gruppe
von
Jüngerinnen und Jüngern, die an ihn glaubten und die mit ihm unterwegs waren. Dass Jesus
jetzt ausdrücklich sie meint, zeigt der Hinweis, dass auch noch ganz andere Schafe dazu
kommen werden. Jesus sagt das relativ kurz vor seiner Kreuzigung. Mit dem engen Jüngerkreis
war er bereits ungefähr zwei Jahr unterwegs. Diese „Schafe“ waren seine Schüler.
Die Evangelien zeichnen kein gutes Bild von ihren Lernleistungen. Es scheint
den Autoren mehr darum zu gehen, ihr Unvermögen darzustellen als ihre Vorbildlichkeit.
Das waren keine Vorzeige-Studenten. Sie hielten sich zwar für elitär, aber ihr Benehmen
und ihr Begreifen war es nicht. Sie scheinen ziemlich wenig von dem verstanden zu
haben, was Jesus sagte und tat.
„Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“, sagt Jesus beim
letzten Abendmahl mit diesen Jüngern (Joh 15). Er scheint damit zu meinen, dass
er wusste, was er tat, als er sie sich aussuchte. Sie sind dazu bestimmt, Frucht
zu bringen, wie die Reben am Weinstock Frucht bringen. Er ist der Weinstock. Die
Bilder vom Weinstock und vom Guten Hirten ergänzen sich. Keine Rebe kann Frucht
aus sich selbst hervorbringen. Sie muss mit dem Weinstock verbunden sein. Diese
Verbindung ist organisch und wachstümlich. Der Weinstock gewinnt in der Rebe
Gestalt. Die Rebe ist Teil des Weinstocks und ihre Frucht ist nicht ihre eigene,
sondern die Frucht des Weinstocks.
Mit dem Bild vom Weinstock thematisiert Jesus die Frucht, mit dem Bild vom
Hirten und der Schafsherde den Schutz und die Fürsorge. Die Schafe können
sich beim besten Willen nicht gegen die Raubtiere wehren, die sie umschleichen.
Sie finden auch den Weg zu den Wasserstellen und den guten Weidegründen nicht
ohne den Hirten. Sie brauchen ihn wie die Rebe den Weinstock braucht.
Das Bild von der Schafsherde ist auch so naturhaft wie das des Weinstocks. Das
Schaf findet seine natürliche Bestimmung in der symbiotischen Gemeinschaft mit
Herde und Hirte. Analog auch der Mensch. Wir kommen nicht im Leben zurecht ohne
Hirten. Kinder brauchen Erzieher und Erwachsene brauchen Seelenführer. Jesus
unterscheidet die Schafe seiner Herde von den Schafen, die nicht zu ihm gehören.
Sie werden von „Mietlingen“ geführt. Die Mietlinge bieten dem Schaf, was es
braucht: Gemeinschaft und Führung, aber sie bieten es ihm nicht in der
Liebesbeziehung des Gebens und Nehmens, sondern in der Einseitigkeit des
Nehmens. Sie dienen nicht, sie herrschen.
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