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Judika
Leitmotiv: Die Bereitschaft zum Dienst
Wochenspruch: „Der Menschensohn ist nicht gekommen,
dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene und gebe sein Leben
zu einer Erlösung für viele.“
Matthäus 20,28 |
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Donnerstag:
Johannes 11,47-53
Dieser Beschluss zum Mord entsteht aus einer Logik ohne Wahrheit. Eine Logik ohne Wahrheit
ist eine System von Argumenten, die in sich schlüssig sind, bei dem aber auf den Anspruch
verzichtet wird, dass dies entweder für alle Argumente des Systems zutrifft oder dass dort,
wo nur Vermutungen oder Behauptungen Teil des Systems sind, diese als solche gekennzeichnet
und darum mit angemessener Vorsicht behandelt werden. Religiöse, ethische und politische
Beschlüsse gründen sehr oft auf unbewiesenen Vorurteilen, seien sie positiv oder negativ.
Diese Beratung der Führungspolitiker Jerusalems ist ein Musterbeispiel dafür. Erstens
gehen sie davon aus, dass die vielen Zeichen, die „dieser Mensch“ Jesus tut, nicht gut
sein können. Zweitens sehen sie es als Tatsache an, dass dann, wenn „sie alle an ihn
glauben“, eine römische Invasion stattfinden wird, drittens meint Kaiphas, dessen
besondere Wichtigtuerei Johannes hier pointiert vor Augen führt, dass die perfide
Nützlichkeitserwägung, besser einen statt viele sterben zu lassen, eine Weisheit
von hohem Rang und Wert sei. Und trotzdem greifen diese Halbwahrheiten so gut wie
Zahnräder ineinander, dass bei oberflächlicher Betrachtung der Schein von
Ernsthaftigkeit und Verantwortung entsteht, genug davon jedenfalls, dass sie
sich selbst gut dabei fühlen und sich einbilden können, ihr hinterhältiger Mordplan
sei eine gute Sache.
„Ihr wisst nichts“, trumpft Kaiphas auf. Dass sich solche Besserwisser mit ihrem
eingebildeten Wissen gegenseitig übertrumpfen, ist typisch für Argumentatiossysteme
dieser Art. Je fragwürdiger das „Wissen“, desto großartiger wird es beschworen.
Diskussionen wie diese werden unendlich oft geführt und funktionieren immer nach
demselben Schema: Unbewiesenes wird als Bewiesenes angenommen und in der jeweiligen
Verknüpfung als außergewöhnlich originelle Erkenntnis dargestellt, die reines Wissen
sei.
Dass Johannes dem Kaiphas „Weissagung“ attestiert, darf man wohl als Ironie verstehen,
es schwingt aber auch der Trost mit, dass Gott selbst solche Mordmechanismen zu
Wegbereitern seines Reiches macht, indem ihre Wirkungen letztlich ein Segen werden
müssen. Wäre es nicht so, würde die Dummheit allen Fortschritt der Humanität
machtvoll verhindern. Gott sei Dank, sie kann es nicht.
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