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Laetare
Leitmotiv: Trost auf dem Leidensweg
Wochenspruch: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt
und erstirbt, bleibt es allein;
wenn es aber erstirbt,
bringt es viel Frucht.“
Johannes 12,24 |
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Mittwoch:
Philipper 1,15-21
Paulus weiß um „einige“ Prediger, die seine Schwäche, im Gefängnis zu sitzen, ausnutzen,
um sich auf seine Kosten zu profilieren. Sie missbrauchen die Verkündigung des Evangeliums
dazu, indem sie sich als die wahren Bibelausleger und Paulus als den falschen darstellen
und indem sie seine Lauterkeit und Berufung hinterfragen. Sie treten stark auf und üben
eine starke, suggestive Macht aus. Es ist wichtig, dass wir uns ein nüchternes Bild von
der Urgemeinde machen: Die paulinischen Briefe sind überwiegend Teil der Auseinandersetzung
mit anderen Theologen, die Paulus scharf und öffentlich kritisierten, deutlich anderes
lehrten und dabei große Wirksamkeit entfalteten. Der vielleicht größte Teil des Neuen
Testaments ist aus solchen Auseinandersetzungen entstanden. Bereits die Urgemeinde
besteht aus erheblich divergierenden Theologien, die im Kampf miteinander liegen.
Dieser Kampf ist sehr stark von zweifelhaften Machtmotiven bestimmt. Und das setzt
sich nicht nur fort, sondern diese öffentlichkeitswirksamen Rhetoriker setzen sich
auch durch.
Paulus freut sich trotzdem, sofern auch seine Gegner das Evangelium verkündigen.
Das deutet auf seine Reife und Gelassenheit hin. Anders als manche Gegner verurteilt
er nicht in Bausch und Bogen. Er sieht ihre Fehler und leidet darunter. Aber er
sieht auch ihre wirklichen theologischen Stärken und weiß sie zu schätzen. Paulus
differenziert. Er bricht nicht den Stab. Er beurteilt einzelnes Verhalten, aber
zieht daraus keine falschen, richtenden Schlüsse über die Gesamtperson.
Paulus akzeptiert seine Mitchristen, wie sie sind, und er toleriert ihren Mangel
an Einsicht und Konstruktivität. Akzeptieren bedeutet: Ich heiße dich als Mensch
gut, denn du bist nicht dein Verhalten. Dein Verhalten besteht aus Erfreulichem
und Unerfreulichem. Ich freue mich über das Erfreuliche und toleriere das Unerfreuliche.
Es zu tolerieren bedeutet nicht, es gut zu heißen.
Diesen reifen inneren Abstand findet Paulus, weil er seine Identität nicht von
den äußeren Umständen abhängig macht. Er sitzt im Gefängnis und duldet
Unverstandensein und Verachtung. Das tut sehr weh, aber er freut sich trotzdem.
Denn er weiß sich eins mit Christus. Diese Einigkeit gibt allen seinen Leiden
Sinn. Weil Christus in ihm, mit ihm und für ihn ist, geschieht auch alles
Leiden, das Paulus widerfährt, um Christi willen. Darum gilt: Wenn Paulus
schwach ist, ist er stark. Denn Christus wird in seiner Schwachheit stark.
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