Invokavit
Leitmotiv: Anfechtung und Versuchung
Wochenspruch: „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ 1. Johannes 3,8




Predigt
zum Text
Montag: Hebräer 4,14-16

Offenbar hat Jesus die Himmel durchschritten, indem er durch die Hölle ging. Denn genau das macht ihn ja zu unserem „Hohenpriester“: Dass er nicht von oben herab kommt und herablassend für uns da ist, sondern dass er von unten herauf kommt und uns in der ehrlichen, unverfälschten Haltung des Dienens aufhilft. Wenn er in jeder Hinsicht versucht wurde genau wie wir, dann bedeutet das eben nicht, was ihm so häufig angedacht wird: dass er doch irgendwie anders als ein Mensch war, ein Übermensch, dass er einen göttlichen Rückzugsort in seiner Seele hatte, auf dem er zum Menschlichen seiner Zweitnatur Abstand nehmen konnte, um wenn auch bedrängt, aber doch erhaben darauf Einfluss zu nehmen. Nein, der Menschensohn ist ganz Mensch und „ganz“ bedeutet ohne Ausnahme, völlig ungespalten, völlig eins. Seine Göttlichkeit zeigt sich nicht anders als in dieser ganzen und wahren Menschlichkeit. Das ist wesentlich: Nicht nur in der Ganzheit, sondern auch in der Wahrheit. Allein das macht ihn so anders als uns andere, dass er ganz und gar wahrhaftig ist, ganz und gar wahrer Mensch. Darum ist er ohne Sünde.

Indem er durch die Hölle ging, durchschritt er den Himmel; indem er ganz und wahrhaftig Mensch war, erwies er seine Göttlichkeit. Die Wahrhaftigkeit seiner Mitmenschlichkeit konnte sich nicht anders ereignen als in der Gemeinschaft des Leidens. Darum erfüllte sie sich in der Kreuzigung. Als wahrer Mensch musste er alle Wahrheit menschlicher Erfahrung am eigenen Leib erleben, als Mitbetroffener des menschlichen Schicksals musste er der Allerbetroffenste sein.

Wir sind, im Unterschied zu ihm, nicht die wahren Menschen. Wir entziehen uns dem Mitleiden durch Lüge. Das ist unsere größte Not, so wie es unser größtes Bedürfnis ist, wahre Mitmenschlichkeit zu leben und zu erfahren, denn nur die wahre Mitmenschlichkeit ist die wahre Gemeinschaft. Unsere Liebesfähigkeit ist sehr begrenzt - im Unterschied zu seiner, aber unser Liebesbedürfnis ist grenzenlos groß. Darum brauchen wir ihn. Und er ist wirklich für uns da, um uns zu ermutigen und anzuleiten, damit wir nicht resignieren, sondern geduldig unsere engen Grenzen erweitern.



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