2. Sonntag nach Epiphanias
Leitmotiv: Die Freude des Glaubens
Wochenspruch: „Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“ Johannes 1,17



Donnerstag: Markus 2,18-22

Wieder geht es, wie schon im gestrigen Text, um die Frage der Priorität. Pharisäisch ist es, die Form dem Inhalt voranzustellen: Gefastet wird aus Prinzip; es gehört sich so. Zu fragen, warum es sich gehören soll, gehört sich nicht. Wer es dennoch tut, wird reglementiert, und wer sich weigert zu tun, was keinen nachvollziehbaren Grund hat, wird bedroht und bestraft. So funktionieren alle autoritären Systeme und die religiösen erst recht, denn ihr besonders wirksames Machtmittel ist die Drohung mit Höllenstrafen.

Jesus klärt hier so deutlich wie nirgends sonst im Neuen Testament, dass die Form dem Inhalt zu dienen hat. Das Festhalten am Primat der Form verhindert die Wahrnehmung, dass sich der Inhalt verändert hat. Die Inhalte des Glaubens können sich offenbar sogar sehr verändern: Zum Beispiel können aus Tief-Zeiten des Entbehrens, Wartens und Verzichtens Hoch-Zeiten werden, aber dann mögen auch wieder neue dunkle Täler folgen. Alles hat seine Zeit und wenn es seine Zeit hat, dann verlangt es auch nach seiner Form.

Die Aufgabe der Theologie ist es zu erspüren, welche Zeit gekommen ist und was sie von uns verlangt. Gottes Geist ist so wenig identisch mit dem Zeitgeist wie er grundsätzlich im Gegensatz dazu steht. Aber er hat immer mit dem Zeitgeist zu tun: Teilweise prägt er ihn, teilweise widersteht er ihm. An seinen Wirkungen auf den Zeitgeist ist Gottes Geist zu erkennen. Seine prägende Wirkung zeigt sich überall dort, wo wir menschlichere Menschen werden. Das Plus an Menschlichkeit durch Glaube, Hoffnung und Liebe, das ist zu jeder Zeit der neue Wein.



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