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1./2. Sonntag nach dem Christfest
Leitmotiv: Aufbruch zur Menschlichkeit
Wochenspruch: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren,
wie du gesagt hast; denn meine Augen
haben deinen Heiland gesehen.“
Lukas 2,29f |
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Johannes 12,44-50
Das sind wichtige Aussagen für das Verständnis der Dreieinigkeit. Der Sohn unterscheidet
sich hier selbst sehr deutlich vom Vater: Er ist Licht, aber er ist nicht die Quelle
des Lichts. Er ist Licht als Schein. Er hat keine Vollmacht in sich selbst, sondern
er hat sie ausschließlich vom Vater. Das betont er in den Evangelien immer wieder.
Wenn er also sagt: „Ich und der Vater sind eins“, dann bedeutet das nicht reine
Identität, so dass man ihn auch selbst als den Vater bezeichnen könnte. Wenn er
den „reichen Jüngling“ fragt: „Was nennst du micht gut? Niemand ist gut als Gott
allein!“ (Mk 10,18), dann wehrt er damit nicht nur die falsche Ehrerbietung seines
Gegenübers ab, sondern er meint es auch inhaltlich so. Jesus nimmt für sich nicht
in Anspruch, selbst über das Gute zu verfügen.
Aber er nimmt für sich in Anspruch, vollkommen empfänglich für das Gute zu sein.
Seine Verbindung zum Vater ist ungestört. Jesus sieht sich selbst als den
unmittelbaren, ungetrübten Schein des reinen göttlichen Lichts. Gott der Vater
ist die Quelle des reinen Lichts, Jesus ist der unmittelbare Schein des Lichts
in der Welt und für die Welt und der christliche Glaube ist die Hinwendung zu
seinem Licht, das den Glaubenden selbst licht werden lässt. Jesus ist als der
wahre Mensch der eine Mittler zwischen der Quelle des Lichts und uns, die
wir nur nach wahrer Menschlichkeit streben können, aber unserer Unmenschlichkeit
wegen viel Mühe dabei haben. Allein seine wahre Menschlichkeit unterscheidet
ihn von den anderen Menschen - allein als wahrer Mensch ist Jesus göttlich.
Man mag das als das Paradox der Messianität bezeichnen: Indem Jesus im
Unterschied zu uns, den anderen Menschen, in letzter Konsequenz allen
Eigenanspruch auf Göttlichkeit verneint und dementsprechend lebt, ist
er der eine, menschliche Gott für uns, der uns Gott, den Vater, selbst
offenbart. Seine Göttlichkeit ist seine Menschlichkeit.
Als wahrer Mensch sieht er seine Bestimmung in gar keiner Weise darin, aus
erhabener Position heraus seine Mitmenschen zu richten. Als dem wahren Mitmenschen
liegt ihm nur daran, das Menschliche in uns zu suchen, anzusprechen,
herauszulocken aus der Verängstigung, es zu befreien, also zu retten. Sein
eigener Richter wird aber, wer sich dieser Ansprache verschließt und damit
dem Anspruch, selbst ein menschlicher Mensch zu werden.
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