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1./2. Sonntag nach dem Christfest
Leitmotiv: Aufbruch zur Menschlichkeit
Wochenspruch: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren,
wie du gesagt hast; denn meine Augen
haben deinen Heiland gesehen.“
Lukas 2,29f |
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Lukas 2,25-38
Das ist eine Geschichte vom erfüllten Warten. Geduldiges Warten ist angemessenes Warten.
Die Angemessenheit des Wartens ist sein Sinn. Der Sinn muss bereits im Warten gegeben sein,
sonst ist die Geduld nicht wahrhaftig. Geduldig zu warten auf die Erfüllung eines
Versprechens, die nicht eintreten wird, ist eher Dummheit als Geduld. Das Kriterium
angemessenen Wartens ist darum nicht allein das gegebene Versprechen oder allgemein
das Vielversprechende einer mehr oder weniger wahrscheinlichen Zukunft, sondern das
Kriterium ist die innere Gewissheit. Diese lässt sich aber, soll sie echt sein,
nicht produzieren. Darum entsteht sie auch nicht dadurch, dass man sie sich und
anderen einredet. Sie ist das Licht des Vertrauens und der Hoffnung in uns, das
wir uns gar nicht erklären können. Es ist die mystische Gewissheit der Liebe.
Diese beiden alten Menschen lieben ihren Gott. Sie lieben sehnsuchtsvoll, sie hoffen
auf Trost. Sie leiden Mangel. Sehr, sehr lange Zeit blieb ihre Sehnsucht unerfüllt.
Aber sie konnten nicht davon ablassen.
Das ist kennzeichnend für den lebendigen Glauben: Nicht davon ablassen zu können,
allen noch so schweren Enttäuschungen zum Trotz. Wie lang dieser Glaube auch warten
muss, er bleibt geduldig, weil ihm die Erfüllung seiner Hoffnung so sicher ist
wie die Summe von eins plus eins. Er weiß, wenn dem auch alles widerspricht:
Gott kann nicht lügen. Die Zeit wird kommen, nicht erst im Jenseits, nicht erst,
wenn alle Hoffnungen begraben liegen. Gott muss sich über ihn erbarmen, denn
Barmherzigkeit ist Gottes Wesen. Er kann nicht anders, weil er weiß, dass
Gott nicht anders kann.
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