2. Advent
Leitmotiv: Der Retter und Helfer
Wochenspruch: „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht!“ Lukas 21,28



Samstag: Wochenspruch

Die Erlösung ist das Licht am Ende des Tunnels. Sie naht sich nur, wenn sie zur Erfahrung wird. Wir müssen dazu das Licht am Ende des Tunnels noch nicht sehen, es darf noch ganz dunkel und unheimlich sein. Aber dann muss die Erfahrung im Trost bestehen: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir: dein Stecken und Stab trösten mich.“ Der Stecken ist die Keule des Hirten, die er nicht gebraucht, um das Schaf zu schlagen, sondern um es vor den Feinden zu schützen. Mit dem Stab leitet er das Schaf und zieht es in seine tröstende Nähe. Ein dunkles Tal ohne Trost ist für den Glauben an den barmherzigen Gott nicht denkbar. Wenn der Glaubende es trotzdem erfährt, ist es für ihn das Schlimmste überhaupt. Genau das ist die Hiobserfahrung: Trostlosigkeit, Gottverlassenheit in der Dunkelheit.

Es gibt unrealistische und realistische Forderungen. Unrealistische Forderungen verlangen etwas, wofür es keine definitive Notwendigkeit gibt. Realistische Forderungen rechnen mit dem Notwendigen. Zum Beispiel ist es notwendig, dass der Boden, auf dem mein Stuhl jetzt steht, diesen ganz sicher trägt. Naturgesetze sind notwendig. Das Wesen eines Dinges ist notwendig. Notwendigerweise ist der Laptop, in den ich diese Zeilen tippe, ein Laptop mit allem Drum und Dran, nicht aber eine Ziege oder ein Flugzeug. Zwei plus zwei ist notwendig vier. Notwendig ist alles, wozu es nur die Alternative des blanken Unsinns oder des Wahns gibt.

Notwendig ist es, von dem einen Gott des jüdisch-christlichen Glaubens zu erwarten, dass er barmherzig ist und sich deswegen auch erkennbar so verhält. Denn entweder ist Barmherzigkeit sein Wesen oder es lohnt sich keinen Augenblick, ihm zu vertrauen. Das Problem der Hiobserfahrung liegt darin, Gott mit gnadenloser Überzeugungskraft und Nachhaltigkeit als Unbarmherzigen zu erleben. Hiob hält daran fest, dass zwei plus zwei vier ergeben muss. Alle Erfahrung scheint ihm aber zu beweisen, dass bei Gott zwei plus zwei eine andere Summe ergibt. Seine Vorstellung vom barmherzigen Gott geht in keiner Weise auf.

Was Hiob braucht wie jeder, der solche Erfahrungen macht, ist der Blickwechsel: Entweder schaue ich nach unten oder nach vorn. Glaube ist Ansichtssache. Der Blick nach unten sucht und findet überall Bestätigungen für das Negative. Der Blick nach vorn, der immer auch ein bisschen Blick nach oben ist, in Richtung auf den Horizont, erkennt den Weg, und im Weg offenbart sich ihm der Sinn. Wenn wir aufsehen und uns aufrichten, stellt sich der Trost ein. Vorher nicht.


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