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20. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Die Ordnungen Gottes
Wochenspruch: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist
und was der Herr von dir fordert,
nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben
und demütig sein vor deinem Gott.“ Micha 6,8 |
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Donnerstag:
Markus 2,23-28
Nicht der Gottessohn ist Herr über den Sabbat, sondern der Menschensohn. Nicht weil Jesus
als Gottessohn den Jüngern eine Sondererlaubnis gibt, die hinfort allen gelten soll, die
ihm nachfolgen, beansprucht diese seine Aussage Verbindlichkeit, sondern weil bei Gott
zählt, was menschlich ist. Der Dekalog gibt die Norm der Menschlichkeit an. Gottes
Wille ist, dass wir menschliche Menschen sind. Menschlich zu sein heißt, seiner Natur
gemäß zu leben. So gelingt unser Leben. Danach gilt es bei jedem der zehn Gebote zu
fragen: Wie ist es unter dem Gesichtspunkt der Menschlichkeit zu verstehen? Wie
wird durch unsere Auslegung die Humanität gefördert?
Mit diesen Fragen sind wir in freie Verantwortung gestellt. Die Jünger entscheiden
für sich, dass es menschlich und darum dem Gebot angemessen ist, am Sabbat Ähren
zu raufen. Das steht nirgendwo geschrieben. Jesus heißt ihre intuitive Entscheidung
gut. Wenn wir so frei und intuitiv entscheiden, haben wir nie die Sicherheit, das
einzig Richtige zu tun. Wir entscheiden einseitig, Aspekte, die dagegen sprechen,
sind uns nicht bewusst. Wir brauchen Mut zu dieser Freiheit. Diese Geschichte
zeigt, dass dies die Sichtweise Jesu ist.
Der Pharisäismus hingegen deutet die Freiheit des intuitiven Entscheidens
als Leichtsinn. Er braucht für jede Handlung eine möglichst schriftlich
fixierte Direktive mit höchster Autorität. Darum schafft er Schriften,
die er mit dem Nimbus der Heiligkeit versieht, und verordnet sie aller
Welt. Damit nur ja keiner sündige. Der Pharisäismus ist grundsätzlich
totalitaristisch. Er traut keinem Menschen Mündigkeit zu. Das ist der
Grund für alle ideologisch motivierte Zwangsherrschaft.
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