21. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Das Böse überwinden
Wochenspruch: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Römer 12,21




Predigt
zum Text
Samstag: Wochenspruch

Wir lassen uns vom Bösen überwinden, wenn wir selbst innerlich böse werden. Das geschieht, wenn wir das, womit wir äußerlich zu kämpfen haben, als Böses interpretieren. Tatsächlich können menschliche Verhaltensweisen schlichtweg böse sein, weil sie schlichtweg unmenschlich sind, und sie können daraus entstehen, dass der Täter Böses denkt. Kains Entscheidung, Abel umzubringen, ist ein böser Gedanke, der zum bösen Verhalten führt. Aber obwohl Kain Böses denkt und tut, ist er nicht als ganzer Mensch böse, er wäre sonst nicht Mensch, sondern Teufel. Wir lassen uns vom Bösen überwinden, wenn wir Menschen verteufeln. Dadurch werden sie uns zu Unmenschen, die ihre Menschenwürde verlieren. Genau darin, in der Leugnung der Menschenwürde, besteht aber das eigentlich Böse.

Das Böse ist immer unnatürlich. Nicht böse ist, was uns die Natur zufügt, selbst wenn es sich um die schlimmsten Erfahrungen handelt. Erdbeben zum Beispiel sind ein schreckliches Übel, aber nichts Böses. Es macht keinen Sinn, die Erdkruste zu personifizieren und ihr eine böse Absicht zu unterstellen, wenn sie sich bewegt. Solche Erfahrungen gehören zu den Bedingungen des Daseins, insbesondere die Erfahrung des Sterbens. Wenn wir den Anspruch erheben, es müsste eigentlich anders sein oder wenigstens nach unseren Vorstellungen geschehen, täuschen wir uns selbst. Auch dann stehen wir in Gefahr, uns vom Bösen überwinden zu lassen, indem wir nämlich Gott selbst verteufeln: Wir verzeihen ihm nicht, dass die üblen Erfahrungen uns persönlich und andere Menschen treffen, die uns wichtig sind. Und vor allem verzeihen wir ihm nicht, dass er das böse Verhalten anderer Menschen zulässt. Wir folgern daraus, dass Gott selbst böse ist. Natürlich sollte man einem bösen Gott nicht die Ehre geben. Darum scheint es logisch, nicht an ihn zu glauben.

Bei der Überwindung des Bösen geht es zuerst um das Böse in uns selbst: Dass wir uns von dem, was uns die Lebensfreude rauben will, auf keinen Fall böse machen lassen. Zwischen Kains großer Enttäuschung und Wut und seinem Entschluss zur bösen Tat besteht ein gewaltiger Unterschied. Die Sünde lauert vor seiner Tür, sagt Gott zu ihm; es liegt an Kain selbst, sie einzulassen oder nicht. Wenn wir den Drang zum Bösen in uns selbst abwehren, üben wir auch auf unsere Umwelt eine entsprechende Wirkung aus. Wir fluchen nicht, wir segnen. So wandeln sich die Teufelskreise des bösen Vergeltens zu Engelskreisen.


E-Mail: info@isa-institut.de       Datum der letzten Änderung: 26.10.2020