19. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Ganzheitlich heil werden
Wochenspruch: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Jeremia 17,14



Inhaltliche Zusammenfassung

Heilung im tiefen, biblischen Sinn ist die Heilung unserer Gottesbeziehung. Diese geschieht, wenn wir Gottes erbarmende Nähe erfahren. Ein unpersönlicher Gottesglaube kann hilfreich sein, um dem eigenen Weltbild Stabilität zu geben, aber er bleibt ohne die Heilkraft der persönlichen Gotteserfahrung. Sie nicht wahrnehmen zu können, ist die „Krankheit zum Tode“ (Kierkegaard): Das, was uns zutiefst kränkt. Wir brauchen als Menschen den Frieden mit Gott, und Gott selbst muss ihn uns schenken (Wochenspruch Jer 17,14).

Christliche Gemeinde ist Tragen und Getragenwerden und darin eine stete Bewegung hin zur Quelle der Heilkraft, weg von der Randexistenz zur Mitte. In der Mitte, sinnbildlich vor dem Altar unter dem Kreuz, ereignet sich das Mysterium des Heilwerdens in der Erfahrung bedingungslosen Angenommenseins (Evangelium Mk 2,1-12).

Gott setzt uns das Ziel und bahnt uns den Weg, aber gehen müssen wir ihn selbst, in dem Maß, wie wir selbst zu gehen imstande sind. Gott will unsere Mündigkeit, aber erwartet wird sie nur von dem, der auch wirklich in der Lage dazu ist. Der mündige Mensch ist der verantwortliche Mensch. Wer Verantwortung übernimmt, bejaht die Pflicht, auf jede noch so herausfordernde Situation eine konstruktive Antwort zu finden und zu geben. Innere Heilung ohne diese Verantwortungsübernahme gibt es nicht (Eph 4,22-32).

Alles Unheile, alles aus der Ordnung geratene Kranke und Destruktive im Menschen „kennt Jesus“: Es ist auf ihn bezogen, es ist angelegt und zugelassen, um durch ihn rettende Heilung zu erfahren. Heil wird es, wenn es sich nicht mehr gegen den Menschen richtet, dem es innewohnt, sondern ihm dient (Mk 1,32-39).

Heilung im ganzheitlichen und tiefen Sinn ist vor allem Erneuerung der Gemeinschaft und darin Verwirklichung echter Liebe. Sie geht von Gott aus und führt zu Gott hin, aber sie bedarf der Aufnahme und Weitergabe von Mensch zu Mensch. Darin besteht das heilende Wesen der christlichen Gemeinde (Jak 5,13-18).

Heil werden wir, wenn wir uns auf die eigenen Füße stellen, selbst-ständig, sofern sie uns gegeben sind. In jeglichem Potenzial für eigene konstruktive Schritten zur Bewältigung eines Problems liegt die Pflicht zum Verzicht auf die Opferrolle. Die Freiheit des Evangeliums ist die Freiheit echter, verantwortlicher Selbstbestimmung, und nur diese Freiheit ist wahrhaftig frei (Joh 5,1-16).

Gottes erzieherisches „Strafen“ besteht nicht darin, durch Demütigungen einen moralischen Ausgleich für Fehlverhalten zu schaffen, sondern uns die Chance zu geben, aus den Fehlern zu lernen. Das geht nur, wenn die Folgen der Fehler nicht einfach aufgelöst, sondern uns als Aufgabe zur Bewältigung vorgelegt bleiben. Wenn wir das tapfer bejahen, erfahren wir auch die Ermutigung und Hilfe Gottes, dass der neue Anfang gelingt und etwas sehr Gutes daraus wird (Ex 34,4-10).

Vorschläge zur Vertiefung
  • Welche heilungsbedürftigen Kränkungen tragen Sie in sich?
  • Was dürfen Sie von Gott in dieser Hinsicht erwarten und worin liegt Ihre eigene Bewältigungsaufgabe?
  • Welche konstruktiven, friedensstiftenden Schritte fordern Sie derzeit am meisten heraus? Wie werden Sie so damit zurechtkommen, dass Sie selbst und ihre Mitmenschen dadurch Heilung erfahren?



E-Mail: info@isa-institut.de       Datum der letzten Änderung: 30.09.2018