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19. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Ganzheitlich heil werden
Wochenspruch: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil;
hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Jeremia 17,14 |
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Donnerstag:
Johannes 5,1-16
Die Sünde, vor der Jesus diesen Geheilten warnt, ist wohl kaum das Geschehen, das ihn 38 Jahre
zuvor gelähmt hat. Das wird ja in der Geschichte auch gar nicht thematisiert. Diese Sünde
ist vielmehr das, was daraus wurde: die Opferrolle einzunehmen, in der Lähmung zu verharren,
und die Hilfe auf einem Weg zu suchen, der zwar offiziell als richtig gilt, aber doch den
Einzelnen, der ihn wählt, eher noch kranker als gesund werden lässt, weil er ihn völlig
darauf festlegt, sich an den Strohhalm einer Heilungsmethode zu klammern, auf die
jedermann magische Hoffnung setzt. So festgelegt liegt er fest in seiner Krankenhaltung.
Weil sein Blick so ganz gefesselt ist, sieht der Einzelne weder sich selbst noch den
Mitmenschen neben sich. Blind für sein eigentliches Problem, sich in der Opferrolle
eingerichtet zu haben, ist er mitten in der Menge dieses kranken Krankenhauses gänzlich
einsam.
Nicht mehr sündigen heißt also für diesen Geheilten, nicht wieder in die Opferrolle
zurückzukehren und, buchstäblich, auf eigenen Füßen zu stehen, selbst-ständig zu
sein. Das wird ihm von seiner Umwelt schwer gemacht, denn er verhält sich nicht
mehr, wie er sollte. Er repräsentiert den ungehorsamen Kranken, der einen
Heilungsweg einschlug, der sich nicht gehört, weil er einen Arzt fand,
der ihn nicht nach vorgegebenem medizinischem Raster von oben herab beurteilte,
ohne ihn selbst anzusehen und zu verstehen, sondern der sich ihm mit ganzer
Aufmerksamkeit und echtem Mitgefühl persönlich zuwandte.
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