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Sonntag:
Matthäus 6,25-34
Evangelium
Das Prinzip der Sorglosigkeit ist unteilbares Grundprinzip christlichen Lebenswandels.
Die Analogie zu den Blumen und Vögeln besagt, dass es der Natur des jüdischen und
christlichen Glaubenden widerspricht, sich Sorgen zu machen. Die „Heiden“ tun es.
Der Sorgengeist ist der Geist der Welt, der „heidnische“ Geist. Für den Sorgengeist
kommt die Sicherung des eigenen Wohlergehens immer zuerst. Der Sorgengeist ist der
Geist des Mammon: Ihm muss zuerst entsprochen werden, alles andere mag folgen,
jedenfalls ist es untergeordnet. Frei für das Reich Gottes ist aber nur, wer sich
nicht von diesem Geist beherrschen lässt.
Das Leben ist mehr als das, worauf sich die Sorge fixiert. Das Leben ist Gottes
Reich und seine Gerechtigkeit. Gottes Reich ist die Liebe und seine Gerechtigkeit
ist die Verantwortung, die wir füreinander übernehmen. Als Glaubende sind wir
allein der Liebe und der Gerechtigkeit verpflichtet. Nur dort ist Freiheit, alles
andere ist Sklaverei.
Es geht nicht darum, dass wir etwas Großes leisten in Liebe und Verantwortung,
sondern es geht nur darum, dass wir sie allein als die höchsten Werte anerkennen.
Wenn uns zugleich bewusst ist, wie arm und hilflos wir angesichts dieser
Verpflichtung sind, ist das nur realistisch, nicht aber problematisch. Wir
sind nicht die Vorzeigeexemplare von Liebe und Gerechtigkeit. Danach zu
trachten heißt nicht, es zu besitzen und darüber zu verfügen. Das Trachten
genügt. Aber es will ein entschiedenes Trachten sein.
Das „Zufallen“ all dessen, was wir zum täglichen Leben brauchen, hängt also nicht
von unserer Leistung ab. Es ist nicht belohnende Zugabe, sondern Vorgabe,
Voraussetzung zur Lebensbewältigung, Grundlage, so wie das Manna bei der
Wüstenwanderung Israels jeden Morgen immer schon da war, nur noch eingesammelt
werden musste, stets voll und ganz zum Leben reichte und auch noch gut schmeckte.
Jesus legt Wert darauf, dass wir keine kleinliche, „kleingläubige“ Vorstellung
davon haben, wie der Vater für uns sorgt: In Gottes Augen sind wir viel mehr
als Blumen und Vögel, viel komplexer auch in unseren Bedürfnissen. Der Vater
weiß es.
Jesus sagt in diesem Text eindeutig, dass ein Bemühen um die vorgreifende Sicherung
des nächsten Tages unsinnig ist. Sie erhöht nur unnötig den ohnehin vorhandenen
Stress des heutigen Tages. In Sorglosigkeit zu leben bedeutet nicht, keine
Schwierigkeiten zu haben. Jeder Tag hat seine Herausforderung, die bewältigt
werden will. Das, was heute anliegt, erfordert unsere ganze Konzentration.
Gestern ist vorbei, morgen ist noch nicht da. So wenig Sinn darin liegt, im
Vergangenen hängen zu bleiben, so wenig vernünftig ist es auch, die Zukunft
vorwegzunehmen. Die Disziplin der Sorglosigkeit weist beides ab und beschränkt
sich auf das einzig tatsächlich Gegebene: Diesen einen Tag heute, das Hier
und Jetzt.
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