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14. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Gott dankbar sein
Wochenspruch: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht,
was er dir Gutes getan hat.“ Psalm 103,2 |
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Dienstag:
Markus 1,40-45
Wenn sich ein Mensch persönlich mit seiner wirklichen Not an Jesus wendet, muss Jesus sich
erbarmen und ihm die Hilfe geben, die er ihm geben kann, den Trost, den der Notleidende
jetzt tatsächlich braucht. Jesus erkennt, dass es in diesem Fall nur eine Möglichkeit
gibt: Diesen Aussätzigen so zu heilen wie die andern auch; alles andere wäre kein
Erbarmen, sondern Abspeisung. Und darum handelt Jesus entsprechend, obwohl das jetzt
offenbar so wenig auf seinem Plan steht wie für den Samariter die Hilfe für den Halbtoten
am Wegrand. Das Erbarmen nötigt ihn, er kann nicht anders. Diese Bitte jetzt passt nicht
nur nicht in seinen Plan, sie kommt ihm sogar höchst ungelegen, ähnlich wie die Bitte
der kannaanäischen Frau, die er noch dazu mehrmals abweist, bevor er ihrem hartnäckigen
Flehen endlich nachgibt (Mt 15,21-28). Er sieht voraus, was daraus wird: Wenn er jetzt
hilft, wird es sich herumsprechen und sie werden ihn so bedrängen, dass er regelrecht
flüchten muss. Und genau das stellt sich auch ein.
Dieser Text beleuchtet die Seite Gottes in unserem Kind- schaftsverhältnis zu ihm,
nämlich die Zuverlässigkeit seiner Barmherzigkeit, die er uns in Jesus persönlich
zuwendet. Gott ist frei, aber er ist nicht frei zur Willkür. Das bedeutet vor
allem: Wenn Gott seinem Wesen nach barmherzig ist, dann muss er barmherzig handeln
dort, wo ein Mensch seine Barmherzigkeit benötigt und darum bittet. Das ist kein
moralisches Muss im Sinne eines Befehls. Gott ist kein Befehlsempfänger. Er ist
nicht zu einer bestimmten Art des Handelns verpflichtet, die wir ihm womöglich
auch noch vorschreiben. Sondern es ist ein Muss aus dem Sein heraus, qualitativ
so etwas wie eine Naturgesetzlichkeit - eine Gottesgesetzlichkeit. So wie ein
Stein nun einmal keine Blume ist, weil er nicht die natürlichen Bedingungen
einer Blume erfüllt, so ist Gott nicht Gott, wenn er sich nicht erkennbar
barmherzig uns gegenüber verhält. Wenn darum ein Mensch, der an ihn glaubt,
Gottes Barmherzigkeit als ein Muss einfordert, so ist das kein irrationales
Diktat, dem man vernünftigerweise antwortet: „Gott muss gar nichts“, sondern
es ist nichts weiter als das selbstverständliche Erinnern an seine „Natur“,
sein Wesen: Der Gott, der sich nicht erbarmen muss, kann nicht der christliche
Gott sein. Er ist nicht glaubwürdig. Dann ist der Stein eben ein Stein und
keine Blume, mag er ihr auch noch so täuschend ähneln.
Es ist kein Diktat der Unvernünftigkeit, sondern ein Erinnern der Vernunft: Sorgen
ist sinnlos, denn viel mehr noch wie der Boden, auf dem mein Stuhl steht, alles
tragen muss, was sich in diesem Zimmer befindet, muss Gott sich über mich deutlich
erkennbar erbarmen, wenn ich es brauche und ihn bitte.
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