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11. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Pharisäismus und Gnade
Wochenspruch: „Gott widersteht den Hochmütigen,
aber den Demütigen gibt er Gnade.“ 1. Petrus 5,5 |
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Montag:
Epheser 2,4-10
Glaube ist Geburt in eine neue Existenz hinein. Durch die Gemeinschaft mit Christus im
Glauben habe ich Teil an seiner Auferstehung und dem vollendeten Leben jenseits der
Schwelle des Todes. Gott kommt mit mir zum Ziel; alles Fragmentarische meines diesseitigen
Daseins vervollständigt sich zu seinem makellosen Meisterwerk. Es ist sein Werk, für das
er mich als lebendigen Stoff ausersehen hat. Gnade ist das, weil dadurch mein Leben Sinn
hat - er könnte den Stoff ja auch verwerfen. Gnade ist es ferner, weil er mich nicht
missbraucht zu seinen Zwecken, mit denen ich selbst nichts zu tun habe und die mir
selbst nicht nützen, sondern weil er mich gebraucht, damit ich selbst in meiner
Einzigartigkeit so, wie er mich gedacht hat, Erfüllung finde. So meißelt sich
hier im Diesseits mein Schöpfer sein Bild, das durch und durch sein Werk ist
und durch und durch mein Selbst.
Dass ich „tot in den Sünden“ war bedeutet nichts weiter, als dass dieses Werk Gottes
an mir einen Anfang hat. „Tot in den Sünden“ entspricht der „wüsten und leeren“
Erde vor dem Schöpfungsakt. Das ist kein Totsein als Folge des Gerichts, sondern
tot sein als noch nicht lebendig sein, noch nicht zum Leben erwacht. „In Sünden“
heißt hier: Noch nicht in einer lebendigen Beziehung zu Gott. Mehr nicht.
Die guten Werke, welche Gott zuvor geschaffen hat, damit wir darin wandeln, sind
der Spielraum, den uns das Leben ermöglicht. Der Sinn meines Lebens hängt nicht
von der Weite dieses Spielraums ab. Es mag sogar sein, dass der Meister gerade
dann besonders kräftig sein Bild aus meiner Rohnatur herausarbeit, wenn mein
Raum immer enger wird. Die größte Enge tritt ein, wenn er mit seiner Arbeit
an mir fertig ist: im Augenblick des Todes.
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