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9. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Die anvertrauten Gaben
Wochenspruch: „Wem viel gegeben ist,
bei dem wird man viel suchen;
und wem viel anvertraut ist,
von dem wird man um so mehr fordern.“ Lukas 12,48 |
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Inhaltliche Zusammenfassung
Verantwortung bedeutet, unter allen Umständen das Beste aus seinen Gaben und Möglichkeiten
zu machen. Das sind wir Gott, unserer Umwelt und uns selbst schuldig. Dazu gibt es keine
vernünftige Alternative. Davon, ob wir die eigene Verantwortung für unser Leben bejahen
oder nicht, hängt die Erfahrung ab, ob wir darin Sinn erleben oder nicht. So finden wir
auch zu unserer Berufung. Sie ergibt sich aus dem verantwortlichen Entscheiden und Handeln.
Es ist unverantwortlich, wenn wir uns Kompetenzen anmaßen, die wir nicht haben. Genauso
unverantwortlich ist es, wenn wir die Kompetenzen, die wir haben, vernachlässigen.
Wenn wir aber bemüht sind, ihnen gerecht zu werden, erfahren wir, dass sie wachsen.
Nichts anderes ist die Erfahrung des Berufenseins: Wir haben uns dem gestellt, was
uns begegnete, und haben darauf die bestmögliche Antwort gegeben, die uns möglich
war. Dieses Antwortgeben ist die Verantwortung, in dieser Verantwortung entfalten
wir unsere Gaben, und in der Entfaltung erweist sich unsere Berufung (Wochenspruch;
Evangelium Mt 25,14-30).
Dieser wachstümliche Weg der Verantwortlichkeit drängt je länger je mehr zur Freiheit.
Das Leben in der Berufung wird durch falsche Rücksichtnahmen eingeschränkt. Wir bremsen
uns mit unseren Gaben selbst aus, wenn wir uns zu sehr davon bestimmen lassen, was
andere von uns wollen, über uns denken und wie begabt sie im Vergleich zu uns erscheinen.
Paulus zufolge erreichen wir das Höchstmaß an innerer Unabhängigkeit durch die
entschlossene Abkehr von diesen falschen Rücksichtsmaßnahmen in der ausschließlichen
Konzentration auf unser Lebensziel, einem Sportler vergleichbar, der sich ganz auf
das Wettkampfziel hin sammelt und alles andere dem unterordnet (Phil 3,12-14).
Das komplementäre Bild zur konzentrierten Ausrichtung auf das Ziel ist das des felsenfesten
Fundaments. Darum geht es in der Bergpredigt. Ungeteilten Herzens laufen können wir nur,
wenn wir keinen Zweifel daran haben, dass der Weg sich lohnt. Jesus sagt in der Bergpredigt,
dass sich alles lohnt, was aus dem Prinzip der Goldenen Regel erfolgt. Wenn wir auf dieser
Spur laufend unsere Gaben entfalten, dürfen wir darauf vertrauen, dass unser Leben Sinn
und Erfüllung findet (Mt 7,24-27).
Wer seiner Berufung als Gabe und Aufgabe gewiss wird, hört das Reden Gottes und folgt ihm.
Indem er ihm folgt, wird er zum Erneuerer. Er dient dem Leben und überwindet Totes. Er
bricht Tabus, die nur dazu taugen, das Leben einzuschränken, Tabus der Angst. Er nimmt
Teil an Gottes großem Werk der Wandlung, das die Bibel als das Kommen seines Reiches
bezeichnet (Jer 1,1-10).
Wer in seiner Berufung lebt, bleibt unterwegs als Suchender, Fragender, Forschender,
Entdeckender. Kreativität ist dort, wo sich Berufung entfaltet. Dieser Vorgang ist
ein Annäherungsprozess, dessen Ziel die wahre Erkenntnis und Verwirklichung der Liebe
ist. Die Liebe ist die kostbare Perle und der große Schatz, wovon Jesus in den
entsprechenden Gleichnissen redet (Mt 13,44-46). Das Ziel der Liebe zu erreichen
ist der Sinn des diszipliniert geordeten Lebens der Haushalterschaft (1Pt 4,7-11).
Vorschläge zur Vertiefung
- Was bedeutet es für Sie persönlich, verantwortlich zu leben?
- Meditieren Sie die Frage Ihrer Berufung. Was hat sich davon schon verwirklicht und
was will weiter wachsen? Wohin?
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