8. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Die Frucht des Heiligen Geistes
Wochenspruch: „Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ Epheser 5,8-9



Inhaltliche Zusammenfassung

Ob wir „Kinder des Lichts“ und als solche „erleuchtet“ sind, zeigt sich daran, ob wir nach Gerechtigkeit, Güte und Wahrheit streben. Wir können wirklich nur danach streben, Besitz davon ergreifen können wir nicht. Die Frucht, die wir bringen, ist für andere da: der Sinn unseres Lebens ist Dienst; nur durch Hingabe verwirklichen sich Gerechtigkeit, Güte und Wahrheit. Der „reiche Kornbauer“ erntet nicht die Früchte seiner Gerechtigkeit, sondern seiner Habgier: es sind böse Früchte, an denen er selbst zugrunde geht. Gute Frucht ist hergeschenkte Frucht, um die der Schenkende selbst gar nicht weiß. Eine Rebe ist nicht dazu da, sich an ihren Trauben selbst zu bedienen; andere pflücken sie, und was daraus wird, geht sie selbst wenig an (Wochenspruch Eph 5,8f).

Dass die gute Frucht für den, aus dem sie hervorgeht, unsichtbar bleibt, nötigt uns nicht zu einer einseitig „negativen Theologie“, die nur benennen kann, wie Gott wie das Göttliche nicht ist. Zwar ist die negative Theologie für das Verständnis des Göttlichen grundlegend - nicht von ungefähr steht das Gebot, sich kein Götterbild zu machen, im Dekalog ganz oben. Aber sie ist nicht alles. Sie bildet sozusagen den Hintergrund der Bühne, auf der wir unseren Glauben leben. Die Theologie auf dieser Bühne ist ganz und gar positiv, im Sinne der Grundbedeutung des Wortes „positiv“ als „gesetzt, gegeben“. Der positive Glaube nimmt das Gegebene als gute Gabe und sinnvolle Aufgabe wahr. Das heißt: Wenn wir auch unsere guten Früchte nicht sehen können, so können und sollen wir uns doch unsere guten Gaben dankbar und mutig bewusst sein und das Beste daraus machen. Es mögen gute Früchte daraus werden (Mt 5,13-16).

Wenn das Licht der Liebe in dunkle Zusammenhänge hinein leuchtet, die wir als „Werke der Finsternis“ deuten, verändern sich die Urteile, die wir über die Menschen gefällt haben, die so etwas tun: Aus Verurteilung wird Erbarmen. Wir hören auf, über das Schändliche schändlich zu reden, indem wir den Stab über den Tätern brechen. Stattdessen schweigen wir besser. Im Licht der Liebe bleiben wir, wenn wir die schändliche Tat verurteilen, nicht aber den Täter selbst. Er ist ein Mensch wie wir (Eph 5,8b-14).

Als Christen sind wir zusammen mit den Juden dazu berufen, Pioniere, Vorreiter, Landgewinner, Architekten und Bauleute des Friedens in der Welt zu sein. Aus Spießen und Schwertern sollen Pflüge und Sicheln werden. Wirksame Friedenspolitik im Kleinen wie im Großen unterscheidet die schändliche Tat und den, der sie anrichtet. Sie ist darum wehrhaft und dialogbereit zugleich. Sie widersteht der bösen Tat und erbarmt sich über den Täter. So müssen, solange es Böses gibt, Pflüge und Sicheln auch wieder zu Spießen und Schwertern werden, nicht um der Rache und des Hasses willen, sondern damit die Gerechtigkeit der Barmherzigkeit Raum schafft (Jes 2,1-5).

Wer sich dem Schändlichen verschreibt, verschließt sich dadurch selbst dem Leben im Licht. Hier befindet sich die Grenzlinie der christlichen Moral. Das Schändliche ist das erkennbar Destruktive. An seinen Früchten erkennt man das Schändliche - und die sind sehr wohl sichtbar. Wem unglücklich Schändliches passiert, der braucht Schutz, aufrichtende Ermutigung und neue Integration, wer aber das Schändliche pflegt, der braucht wehrhaften Widerstand (1Kor 6,9-14).

Auch die schwerste und scheinbar unlösbare Not ist uns zur Aufgabe gegeben. Jesus widerspricht einem Fatalismus, der die großen Nöte als Strafen Gottes deutet. Er möchte, dass wir uns dadurch herausfordern lassen, um etwas dagegen zu unternehmen. Gleichwohl gibt es Nächte, in denen die positive Antwort auf die Not ausbleiben muss, weil sie zu groß und zu erdrückend ist. Aber selbst nach den Nächten des Holocaust kommt ein neuer Morgen, an dem das Vergangene zur Aufgabe wird, aus den furchtbaren Versäumnissen so nachhaltig zu lernen, dass es nie wieder dazu kommt. Diese Aufgabe ist groß, betrifft die ganze Menschheit und ist auch nur durch gemeinsame Friedenspolitik zu schaffen (Joh 9,1-12).

Es gibt keine Alternative zum Weg des Friedens. Der Weg des Friedens ist der Weg des Lebens. Sünde ist Paulus zufolge Ablehnung des Lebens und darin Entscheidung für den Tod. Sünde ist diese Entscheidung, weil die Ablehnung des Lebens Selbstbetrug ist. Annahme des Lebens hingegen bedeutet, dass wir uns selbst und unsere Mitmenschen annehmen (Rö 6,19-23).

Vorschläge zur Vertiefung
  • Bewegen Sie das Problem des Heiligenscheins. Betrachten Sie Ihre eigenen Versuchlichkeiten zur Scheinheiligkeit. Was bedeutet es für Sie, ganz darauf zu verzichten?
  • Gehen Sie dem Gedanken nach, dass unsere Frucht nicht für uns selber da ist. Was bedeutet es für Sie, ganz „umsonst“ Christ zu sein?
  • Was bedeutet es für Sie unter diesem Gesichtspunkt, das Beste aus Ihren Gaben zu machen?



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