1. Sonntag nach Trinitatis
Leitmotiv: Das Fundament des Glaubens
Wochenspruch: „Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.“ Lukas 10,16




Predigt
zum Text
Montag: 1. Johannes 4,16b-21

So liest sich das Evangelium des Johannes. Das findet sich so sonst nirgends in der ganzen Bibel. Johannes sagt nicht: „Gott ist die Liebe, und wer in Gott bleibt, der bleibt in der Liebe“. Sondern er sagt: „Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott.“ Daraus folgt für ihn: Wenn wir in der Liebe sind, brauchen wir keine Angst vor Strafe zu haben, „denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt.“ „Er“ ist dem Textzusammenhang nach Gott. Das heißt: Wenn wir in der Liebe sind, dann sind wir wie Gott in dieser Welt. Das ist eine klare, einleuchtende Aussage: Alle Vergöttlichung des Menschen, die nicht Ausdruck wahrer Liebe ist, macht einen Unmenschen aus ihm. Wo aber die Liebe herrscht, da geschieht Gottes Wille; da wird Gott durch uns repräsentiert. Wo die Liebe herrscht, kann keine Vergöttlichung des Menschen stattfinden. Das Siegel der Liebe ist die Demut. Gott wird gerade und nur darin durch uns repräsentiert, dass uns keine Spur irgendwelcher Vergöttlichung anhaftet. Die Liebe macht den Menschen ganz und gar menschlich. Und nur in unserer ganz und gar menschlichen Menschlichkeit sind wir in dieser Welt, wie er ist.

Gott ist die wahre Liebe. Wenn wir in dieser sichtbaren Welt in der Liebe sind, dann ist das nicht gleichbedeutend mit jener unsichtbaren Welt Gottes. Dort herrscht die reine Liebe. Gott ist Sonne, wir sind Mond. Wir spiegeln nur sehr schwach seine Liebe wider, aber so, wie es stimmt für diese Welt. Wir brauchen uns nicht davor zu fürchten, dass wir zu wenig lieben, wenn wir nur überhaupt lieben. Wir müssen keine Angst haben vor dem Gericht. Denn es geht nur um das eine, dass die Liebe uns erreicht und sich in uns spiegelt: nur, dass es überhaupt geschieht. Dann passt es. Dann kommt sie auch zum Zug und setzt sich durch: Wir haben Zuversicht.

Gott zu lieben, nicht aber die Menschen, ist Selbstbetrug, denn auch die Liebe zu Gott ist Gottes Liebe und Gottes Liebe offenbart sich in dieser Welt in der Nächstenliebe. Wahrhaftig ist die Liebe nur in der Liebe zum Mitmenschen, auch das ist hier deutlich ausgesagt. Dem entspricht der Dialog Jesu mit Petrus in Johannes 21: Die Frage nach der (göttlichen) Agape mündet notwendig in die Frage nach der (menschlichen) Philia (vgl. Meditationstext zu Joh 21,15-17 vom Donnerstag nach Miserikordias Domini, Lectio 23).



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