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Donnerstag:
Johannes 14,15-21
Wenn Jesus den Vater bittet, ist es ein Inanspruchnehmen. Die Vorstellung, der Vater könnte es
sich überlegen, ob er seine Bitte erfüllen möchte oder nicht, ist albern. Dann würde Jesus
hiermit sagen: „Ich denke schon, dass es so kommen wird, aber ich muss erst mal meinen Vater
fragen, und wir wollen doch sehr hoffen, dass er einwilligt.“ Jesus hat keine konjunktivische
Sicht des Bittens, sondern eine indikativische. Dementsprechend ist auch seine Lehre vom Gebet
zu verstehen. Bittendes Gebet ist Jesus zufolge vorwegnehmender Dank, unserer
Höflichkeitsformel „Besten Dank im Voraus“ entsprechend. Während diese aber in der
Regel appellativ gemeint ist, ist jenes Beten vollkommen erhörungsgewiss. Daraus
dürfen wir folgern: Nur das erhörungsgewisse Bitten hat Jesus zufolge überhaupt
den Charakter echten Betens, oder aber, dem durchgängigen biblischen Befund nach,
überall dort, wo die Erhörungsgewissheit verdunkelt ist, die Klage. Alles andere
dazwischen ist fauler Kompromiss und fauler Zauber.
Erhörungsgewissheit kann man nicht machen. Man kann versuchen, sich hineinzusteigern
und sich durch besondere „Geisterfahrungen“ hineinzuzaubern. Wenn man dann solche
Erlebnisse zustande gebracht hat, hält man es für Vollmacht. In der Tat:
Erhörungsgewissheit ist reine Wirkung des Heiligen Geistes. Zu einem Maulbeerbaum
zu sagen: „Reiß dich aus und wirf dich ins Meer“, ist entweder unglaublich dumm
oder erhörungsgewiss, wenn aber erhörungsgewiss, dann in einem nicht mehr weiter
zu begründenden, mir selbst völlig evidenten Wissen ohne jeden Zweifel. Dieses
Wissen bewirkt entweder der Heilige Geist in uns oder es ist eingebildet.
Der Heilige Geist ist der tröstende Geist der Wahrheit. Das bedeutet: Alle
tröstliche Wahrheitserkenntnis ist vom Heiligen Geist, alle echte Lebensbejahung,
alle echte Ermutigung. Echt ist das Stimmige und stimmig ist das, was dem Wesen
entspricht. Erhörungsgewissheit ist das Wissen um Stimmigkeit in konkreten
Situationen. Man kann auch ganz einfach sagen: Das Bewusstsein des Angemessenen:
Das Verhalten, das jetzt, in dieser Lage, meinem Wesen entspricht, also für mich
selbst stimmig ist, und dies wiederum im stimmigen Bezug zu meiner Umwelt. Und
auf der anderen Seite das Verhalten Gottes, das seinem barmherzigen Wesen
entspricht. Diese Stimmigkeit führen wir nicht durch unsere Frömmigkeitspraxis
herbei, wir beeinflussen sie auch in keiner Weise, sondern wir realisieren sie
dankend oder wir kämpfen darum klagend, und so, wie wir sie realisieren, bitten
wir auch.
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