Exaudi
Leitmotiv: Die wartende Gemeinde
Wochenspruch: „Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ Johannes 12,32




Predigt
zum Text
Donnerstag: Johannes 14,15-21

Wenn Jesus den Vater bittet, ist es ein Inanspruchnehmen. Die Vorstellung, der Vater könnte es sich überlegen, ob er seine Bitte erfüllen möchte oder nicht, ist albern. Dann würde Jesus hiermit sagen: „Ich denke schon, dass es so kommen wird, aber ich muss erst mal meinen Vater fragen, und wir wollen doch sehr hoffen, dass er einwilligt.“ Jesus hat keine konjunktivische Sicht des Bittens, sondern eine indikativische. Dementsprechend ist auch seine Lehre vom Gebet zu verstehen. Bittendes Gebet ist Jesus zufolge vorwegnehmender Dank, unserer Höflichkeitsformel „Besten Dank im Voraus“ entsprechend. Während diese aber in der Regel appellativ gemeint ist, ist jenes Beten vollkommen erhörungsgewiss. Daraus dürfen wir folgern: Nur das erhörungsgewisse Bitten hat Jesus zufolge überhaupt den Charakter echten Betens, oder aber, dem durchgängigen biblischen Befund nach, überall dort, wo die Erhörungsgewissheit verdunkelt ist, die Klage. Alles andere dazwischen ist fauler Kompromiss und fauler Zauber.

Erhörungsgewissheit kann man nicht machen. Man kann versuchen, sich hineinzusteigern und sich durch besondere „Geisterfahrungen“ hineinzuzaubern. Wenn man dann solche Erlebnisse zustande gebracht hat, hält man es für Vollmacht. In der Tat: Erhörungsgewissheit ist reine Wirkung des Heiligen Geistes. Zu einem Maulbeerbaum zu sagen: „Reiß dich aus und wirf dich ins Meer“, ist entweder unglaublich dumm oder erhörungsgewiss, wenn aber erhörungsgewiss, dann in einem nicht mehr weiter zu begründenden, mir selbst völlig evidenten Wissen ohne jeden Zweifel. Dieses Wissen bewirkt entweder der Heilige Geist in uns oder es ist eingebildet.

Der Heilige Geist ist der tröstende Geist der Wahrheit. Das bedeutet: Alle tröstliche Wahrheitserkenntnis ist vom Heiligen Geist, alle echte Lebensbejahung, alle echte Ermutigung. Echt ist das Stimmige und stimmig ist das, was dem Wesen entspricht. Erhörungsgewissheit ist das Wissen um Stimmigkeit in konkreten Situationen. Man kann auch ganz einfach sagen: Das Bewusstsein des Angemessenen: Das Verhalten, das jetzt, in dieser Lage, meinem Wesen entspricht, also für mich selbst stimmig ist, und dies wiederum im stimmigen Bezug zu meiner Umwelt. Und auf der anderen Seite das Verhalten Gottes, das seinem barmherzigen Wesen entspricht. Diese Stimmigkeit führen wir nicht durch unsere Frömmigkeitspraxis herbei, wir beeinflussen sie auch in keiner Weise, sondern wir realisieren sie dankend oder wir kämpfen darum klagend, und so, wie wir sie realisieren, bitten wir auch.



E-Mail: info@isa-institut.de       Datum der letzten Änderung: 24.05.2020