Reminiszere
Leitmotiv: Unsere Gottesbeziehung
Wochenspruch: „Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ Römer 5,8



Mittwoch: Jesaja 5,1-7

Das ist sehr harte Kritik in sehr harter Zeit. Machthaber und ihre Gefolgsleute von der Art, die Jesaja geißelt, nennen das Hochverrat und reagieren entsprechend. Statt den Geist der Einheit gegen die immer bedrohlicher werdende Großmacht im Nordosten, die sich immer mehr Nachbarstaaten einverleibt, zu beschwören, verunsichert er, sät Zwietracht, unterhöhlt das Vertrauen in die Regierung. Gegen das ganze „Haus Israel“ richtet sich seine Kritik, gegen das gesamte Establishment, würde man heute sagen. Er glaubt nicht an dessen Reformwillen. Was anders aber ist Erneuerung, wenn sie nicht durch Reformen entsteht, als Revolution? Man wird Jesaja wohl als Revolutionär zu bezeichnen haben.

Jesajas Berufung zum Propheten wird erst im nächsten Kapitel berichtet. Aber der Kontext legt nahe, dass dies nicht chronologisch zu verstehen ist. Die ersten Kapitel umfassen seine prophetische Gerichtsbotschaft, das sechste liefert die Beglaubigung dazu. Durch seinen Auftrag, den er in der mystischen Gottesbegegnung empfing, wurde Jesaja zum Revolutionär.

Als Revolutionär Gottes ist er ein Revolutionär des Friedens. Gerade dadurch unterscheidet er sich so sehr von denen, die er kritisiert. Er sieht voraus, wohin ihre Politik führen wird: In den sicheren Untergang. Ihr Gerechtigkeitsprinzip ist das der Vergeltung und des Krieges. Es ist unklug und unrealistisch. Es führt zu immer neuer Eskalation.

Der unklugen Außenpolitik entspricht die ungerechte Innenpolitik. Das ist immer so, wenn die Äußerlichkeit der Macht die innere Autorität ersetzt. Nicht Jesaja unterhöhlt die Macht in Israel, sondern sein prophetischer Blick sieht, wie unterhöhlt sie bereits ist. Er sieht die Risse in den imposanten Mauern Jerusalems. Es ist kein Fundament mehr da. Alles wird zusammenbrechen.

Das „Haus Israel“ ist nicht das Volk Israel. Es ist jenes Establishment. Dort liegt die Verantwortung für das, was aus Israel wird. Die Bosheit dieser Menschen ist sehr weit ausgereift. Wenn es so weit gekommen ist, muss sich die Loyalität zum Widerstand wandeln.



E-Mail: info@isa-institut.de       Datum der letzten Änderung: 02.11.2020