Invokavit
Leitmotiv: Anfechtung und Versuchung
Wochenspruch: „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ 1. Johannes 3,8



Sonntag: Matthäus 4,1-11  Evangelium

Die Stimme des Teufels ist nicht die Stimme des Zweifels, sondern die scheinbar lösende Antwort auf den Zweifel. Der Zweifel entsteht notwendig an der Grenze des Wissens. Dort bieten sich Deutungsmöglichkeiten für das Unbekannte als neues Wissen, neue Erkenntnis an. Wir machen uns einen Reim. Wir hören andere ihr Wissen behaupten. Aber wir wissen nicht, ob diese Reime und diese Wissensansprüche wirklich Wissen sind. Nur als Gewissheiten sind sie auch glaubwürdig. Diese Art des Nichtwissens ist der Zweifel.

Jesus zweifelt, Gottes Sohn zu sein, und weil er daran zweifelt, bezweifelt er auch die Macht, seine Mission zu vollenden. Darauf gibt der Teufel lösende Antworten. Er sät also nicht den Zweifel, sondern er sät Wissen. Er sät Wissen, indem er aus der stärksten Gewissheitsquelle schöpft, die Jesus hat: Er zitiert die Heilige Schrift.

Jesus widersteht dem Teufel auf dem einzigen Weg, der tatsächlich zum Wissen führt. Es ist der Weg der Dialektik. Dialektisches Denken ist dialogisches Denken. Ein echter Dialog ist das konstruktive Gegenüber von unterschiedlichen Gesichtspunkten. Dialogisch sind Überlegungen wie „Einerseits - andererseits“, „Sowohl als auch“ oder auch „Weder noch“. Das dialektische Prinzip nimmt aufgestellte Behauptungen ernst, aber es fragt immer auch nach ihrer Grenze, nach dem also, was dagegen spricht. Nicht selten ist das, was dagegen spricht, so deutlich, dass die Behauptung sich ohne Weiteres als Unsinn erweist. Manchmal wiederum scheint gar nichts dagegen zu sprechen. So etwas nennen wir eine hohe Glaubwürdigkeit. Höchst glaubwürdig ist zum Beispiel, dass zwei plus zwei vier ergibt.

Jesus führt keinen Dialog mit dem Teufel, denn der Teufel als „Vater der Lüge“ ist nicht dialogfähig, sondern behauptet immer nur absolute Wahrheiten, denen man sich zu beugen hat, um sich ihm selbst zu beugen. Jesus tritt nicht mit dem Teufel in Dialog - den treibt er fort. Aber er tritt in den Dialog mit den scheinbaren Antworten der Heiligen Schrift, die sich ihm bieten. Er nimmt diese Aussagen ernst, aber er fragt auch nach ihren Grenzen und findet sie in anderen Aussagen, die im dialektischen Widerspruch dazu stehen. Durch den Zusammenklang der Antworten und ihres Widerspruchs ergibt sich erst die wahrhaftige Antwort.

Als der Teufel so nicht bei Jesus landen kann, zeigt er sich unverhüllt. Nun erst hat sich alles für Jesus geklärt. Sein Widerstand vollendet sich - der Teufel flieht.



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