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Sexagesimä
Leitmotiv: Was Gottes Wort bewirkt
Wochenspruch: „Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet,
so verstockt eure Herzen nicht.“
Hebräer 3,15 |
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Montag:
Hebräer 4,12-13
Wie kann es sein, dass kein Geschöpf vor dem Wort Gottes verborgen ist? Es wird verständlich,
wenn wir den Begriff „Wort Gottes“ nicht mit den Texten der Bibel gleichsetzen. Die leuchten
ja keineswegs in alle Schöpfung hinein, sondern sie leuchten nur dort auf, wo sie von
Menschen aufgenommen und verstanden werden. Das Wort Gottes ist aber nicht nur Bibeltext,
sondern es ist das Reden Gottes, wo immer und wie immer es geschieht. Dieses Reden
erreicht jedes kommunikationsfähige Geschöpf - jedes seiner Kommunikationsfähigkeit
gemäß. Uns Menschen erreicht es vor allem im Gewissen. Dort ist es der „Richter“.
„Richten“ hat im Griechischen grundsätzlich nicht den Klang des Verurteilens, sondern
die Grundbedeutung ist „Unterscheiden“. Unter dem Reden Gottes scheiden sich die
Geister und dem Hörenden unterscheiden sich die unklaren Zusammenhänge so, dass
sie sich wahrheitsgemäß differenzieren und zusammenfügen. Das Reden Gottes bewirkt
also im Hörenden ein angemessenes, wahrhaftiges Wirklichkeitsverständnis. Das
geschieht dialogisch, also nicht ohne unser empfangsbereites Hinhören und
Gehorchen.
„Wort“ heißt im Griechischen „Logos“. Der Logos ist nicht nur ein Reden, sondern
auch der Sinn dessen, wovon die Rede ist. Jedes Reden ist unsinnig, wenn es sich
nicht auf eine Wirklichkeit bezieht, die auch dann vorhanden ist, wenn nicht von
ihr geredet wird. Dem Prolog des Johannesevangeliums zufolge ist der Logos Gottes
das Grundprinzip alles Geschaffenenen, die logische Grundstruktur also, die Logik
in allem Dasein schlechthin. Wo immer wir also der Spur der Logik folgen, da
spüren wir auch dem Wort Gottes nach.
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