Septuagesimä
Leitmotiv: Lohn und Gnade
Wochenspruch: „Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“
Daniel 9,18



Freitag: Römer 9,14-24

Das ist schon eine sehr spannungsvolle Argumentation: Um seines Zorns willen ist Gott gegen die „Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt“ sind, geduldig. Der Zorn wiederum steht in einem komplementären Verhältnis zu Barmherzigkeit und Gerechtigkeit: Ohne Barmherzigkeit und Gerechtigkeit kein Zorn, ohne Zorn keine Barmherzigkeit und Gerechtigkeit.

Paulus thematisiert hier die Theodizee: Warum lässt Gott das Böse zu? Die „Gefäße des Zorns“ sind solche nicht, weil sie einfach nicht brauchbar sind, sondern weil sie Werkzeuge des Bösen sind. Es gibt kein ethisches Vakuum und Gottes Zorn richtet sich ausschließlich gegen das Böse.

Gott erträgt die Werkzeuge des Bösen in menschlicher Gestalt, weil er die Person und ihr Verhalten unterscheidet. Ein Mensch, der sich zum Werkzeug des Bösen macht, ist deswegen noch nicht böse, aber das Böse sammelt sich gewissermaßen mehr und mehr in ihm an, wenn er ihm nicht absagt, und nimmt mehr und mehr von seiner Gesinnung Besitz. Das nennt Paulus die „Verstockung“. Letztendlich verfilzt sich das Böse so sehr mit der Person, der es durch stete Übung zur Haltung wurde, dass es nicht mehr von ihr zu lösen ist. Dann hilft nur noch der zornige Widerstand gegen die Person selbst, um das Böse durch sie nicht weiter eskalieren zu lassen, zum Beispiel der Tyrannenmord.

Ohne diese Grenze ist die Gerechtigkeit nicht mehr gerecht und die Barmherzigkeit wird zur Barmherzigkeit mit dem Bösen und dadurch zu dessen Handlangerin. Darum steht der Wechsel vom passiven zum aktiven Zorn dort, wo das Böse sich ganzer Personen und ganzer Kollektive bemächtigt, im notwendigen Dienst der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit.



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