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Freitag:
Römer 9,14-24
Das ist schon eine sehr spannungsvolle Argumentation: Um seines Zorns willen ist Gott
gegen die „Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt“ sind, geduldig. Der Zorn
wiederum steht in einem komplementären Verhältnis zu Barmherzigkeit und Gerechtigkeit:
Ohne Barmherzigkeit und Gerechtigkeit kein Zorn, ohne Zorn keine Barmherzigkeit und
Gerechtigkeit.
Paulus thematisiert hier die Theodizee: Warum lässt Gott das Böse zu? Die
„Gefäße des Zorns“ sind solche nicht, weil sie einfach nicht brauchbar sind,
sondern weil sie Werkzeuge des Bösen sind. Es gibt kein ethisches Vakuum und
Gottes Zorn richtet sich ausschließlich gegen das Böse.
Gott erträgt die Werkzeuge des Bösen in menschlicher Gestalt, weil er die Person
und ihr Verhalten unterscheidet. Ein Mensch, der sich zum Werkzeug des Bösen macht,
ist deswegen noch nicht böse, aber das Böse sammelt sich gewissermaßen mehr und
mehr in ihm an, wenn er ihm nicht absagt, und nimmt mehr und mehr von seiner
Gesinnung Besitz. Das nennt Paulus die „Verstockung“. Letztendlich verfilzt
sich das Böse so sehr mit der Person, der es durch stete Übung zur Haltung
wurde, dass es nicht mehr von ihr zu lösen ist. Dann hilft nur noch der zornige
Widerstand gegen die Person selbst, um das Böse durch sie nicht weiter
eskalieren zu lassen, zum Beispiel der Tyrannenmord.
Ohne diese Grenze ist die Gerechtigkeit nicht mehr gerecht und die Barmherzigkeit
wird zur Barmherzigkeit mit dem Bösen und dadurch zu dessen Handlangerin. Darum
steht der Wechsel vom passiven zum aktiven Zorn dort, wo das Böse sich ganzer
Personen und ganzer Kollektive bemächtigt, im notwendigen Dienst der Barmherzigkeit
und der Gerechtigkeit.
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