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3. Sonntag nach Epiphanias
Leitmotiv: Christus für alle Welt
Wochenspruch: „Es werden kommen von Osten und von Westen,
von Norden und von Süden,
die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.“
Lukas 13,29 |
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Inhaltliche Zusammenfassung
Der „Gottesstaat“, die Gottesgesellschaft, ist eine offene Gesellschaft, in der nicht Angst,
sondern Liebe regiert. Es herrscht eine echte Willkommenskultur. Nur das fragwürdig Starre,
Lebensfremde und Lebensfeindliche muss fürchten, durch das Eindringen Andersgläubiger
und anders Lebender die eigene Substanz zu verlieren, unterwandert und ausgehöhlt zu
werden. Wo das Leben dankbar und verantwortlich angenommen wird, formieren sich die
Grenzen zur Lebensfeindlichkeit rechtzeitig und mit Bedacht, ohne Tribut an die
Unmenschlichkeit. Der einladende Glockenton des Evangeliums hat diese Botschaft:
Du bist angenommen, wie du bist! (Wochenspruch Lk 13,29).
Das Gottesreich öffnet sich nicht denen, die das „richtige“ Bekenntnis von sich geben, weil
sie zufällig innerhalb der „richtigen“ Religion sozialisiert wurden, sondern denen, die
ehrlich nach der Wahrheit fragen. Ihnen gilt die Verheißung: „Wer sucht, der soll finden“.
Das Christentum kann nur dann einen Absolutheitsanspruch erheben, wenn es sich ganz und
gar der Wahrheit verpflichtet weiß. Wir glauben, dass alle Wahrheitssuche eine Bewegung
hin zu Christus ist. Er ist der magnetische Pol, auf den alle Wahrheit ausgerichtet ist,
wie die Kompassnadel auf den Nordpol (Evangelium Mt 8,5-13).
Die Wahrheitssuche der Theologie steht nicht im Gegensatz zur Wahrheitssuche der Philosophie,
vorausgesetzt, dass hier wie dort tatsächlich die Wahrheit gesucht wird. Die beiden
Wahrheitssuchen sind aber auch nicht identisch. Die philosophische Wahrheitssuche
fragt nach den Möglichkeiten und Grenzen des Wissens, die theologische fragt nach
den sinnvollen Weisen des Glaubens. Beide verlieren ihren Anspruch auf Wahrhaftigkeit,
wenn sie diesen Unterschied verwischen. Wenn sie ihn aber wahren, wird deutlich, dass
sie sich auf dieselben Ziele zubewegen (Rö 1,14-17).
Die Wahrheitssuchen von Theologie und Philosophie repräsentieren die beiden Zugänge der
Sinnsuche durch Glauben und Wissen. Diese beiden Wege der Wahrheitssuche werden zur
Sackgasse, wenn sie in extremistischen Gegensatz zueinander geraten, als wissensfeindlicher
Glaube und glaubensfeindliches Wissen. Der wissensfeindliche Glaube sucht Gewissheit
in der Wundererfahrung, das glaubensfeindliche Wissen lässt nichts gelten, was es nicht
selbst kontrolliert (Joh 4,43-54).
Die Wahrheit macht frei: In der Wahrheit liegen Heil und Heilung. Die befreiende Wahrheit
erschöpft sich nicht in Richtigkeiten, die ethisch entweder ohne Bedeutung sind oder nur
die Andern und die Allgemeinheit betreffen. Die befreiende Wahrheit ist vielmehr die
Wahrheit der Selbsterkenntnis. Selbsterkenntnis bedeutet, dass jemand zu sich selbst
kommt und zu sich selbst zu kommen heißt wiederum, dass die hochmütigen Trugbilder
über sich selbst realistischer Einschätzung weichen. Darum ist die Wurzel der
Selbsterkenntnis und das Herz der Wahrheit die Demut (2Kö 5,1-19a).
Dogmatische Vorurteile schaffen irrationale Tabus, die selbstverständlicher, natürlicher
Mitmenschlichkeit den Weg versperren. Man sieht sich dann zu unmenschlichen Verhaltensweisen
genötigt, die bei genauerem Hinsehen keineswegs nötig wären. Sehr oft, wahrscheinlich sogar
am häufigsten, vollzieht sich das durch Ignoranz. In der Nachfolge Christi verlieren solche
künstlichen Grenzen ihr Recht; die Liebe überwindet sie (Joh 4,5-14).
Liebe und Wahrheit finden ihre eigenen Wege. Das Evangelium erreicht die Welt nicht nur
auf dogmatisch vorgebahnten Schienen und vielleicht gerade dort am wenigsten. Der Geist
Gottes weht, wie er will. Das läuft stets darauf hinaus, dass die Barrieren unmenschlicher
Vorurteile überwunden werden (Apg 10,21-35).
Vorschläge zur Vertiefung
- Meditieren Sie Ihr Verhältnis zu Andersgläubigen. Welche Ängste tauchen
in Ihnen auf? Welche Wünsche, welche Sehnsucht?
- Was stellen Sie sich persönlich unter der Mission (=Sendung) der Christen für die Welt vor?
Wie sieht Ihre Vision in dieser Hinsicht aus?
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