1. Advent
Leitmotiv: Gott kommt zu uns
Wochenspruch: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.” Sacharja 9,9



Mittwoch: Offenbarung 5,1-5

Die Öffnung des Buches mit den sieben Siegeln ist in der Dramaturgie der Apokalypse der Übergang zum großen Finale. Wenn es verschlossen bleibt, dann bleibt die Zukunft verschlossen. Darum weint der Seher, als es so scheint, als sei niemand würdig, es zu öffnen. Das würde bedeuten, dass die Zukunft völlig verschlossen bliebe. Jedes prophetische Wort würde nicht weiter reichen als an den Horizont des Überschaubaren, das man vorhersehen und entsprechend deuten kann; der Zielpunkt der Weltgeschichte jenseits des Horizonts bliebe ganz im Ungefähren. Das wäre so, als gäbe es für den Reiter aus Dürers Meisterstich keine Gewissheit über die Burg, auf die er zustrebt. Ohne die Burg im Hintergrund des Bildes ist er kein hoffnungsvoller Heimkehrer, sondern einfach nur ein gefährdeter Mensch in unwirtlicher, bedrohlicher Gegend, auf verschlungenen Wegen, bei denen immer unklar bleibt, wohin sie führen.

Indem allein Christus, der „Löwe aus Juda“ das Buch mit den sieben Siegeln öffnen wird, ist prophetisch bezeugt, dass in der Zukunftsgewissheit ein ganz wesentlicher Selbstanspruch des Christentums aller Religion und Weltanschauung gegenüber liegt. Es ist der Anspruch der kosmischen Zielbestimmung von Glaube, Hoffnung und Liebe. Es ist keineswegs der Anspruch, die Zukunft irgendwie berechnen zu können. Alle Apokalyptik der Bibel ist Bildersprache. Aber das Zeugnis der Bilder ist eben dieses: Alles Dasein ist auf die Liebe hin bestimmt, Glaube und Hoffnung sind von ihr bewegt und bewegen zu ihr hin. Das Buch mit den sieben Siegeln birgt eine Überfülle schrecklichster Grausamkeiten. Da ist buchstäblich der Teufel los. Aber da hindurch vollzieht sich der kosmische Geburtsvorgang der Liebe. Es sind die Wehen. Alles muss der vollendeten Macht der Liebe dienen und alles Böse wird überwunden sein. Der „Löwe von Juda“ ist der Fürst der Überwinder, der erste und eine, der selbst den Tod bezwungen hat.



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